Gegenpressing Wenn ein Tennistalent abkassiert

Meinung · Alexander Zverev wird von Turnieren in Deutschland als Attraktion eingekauft. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, in seinem Heimatland bei Veranstaltungen aufzutreten. Das ist es aber schon längst nicht mehr.

Alexander Zverev bekommt Pokal im Konfetti-Regen
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Zverev bekommt Pokal im Konfetti-Regen

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Foto: dpa, pch cul

Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) ist mächtig stolz auf seinen derzeit besten Akteur. Alexander, genannt Sascha, Zverev wird auf Position vier der Weltrangliste geführt. Ihm wird eine große Karriere vorausgesagt. Und dadurch verspricht sich der Verband auch die Rückkehr zu glorreichen Zeiten. Schon jetzt zerren alle gewaltig an Zverev. Doch er weiß sich auch ob der Avancen zu verkaufen. Er hat ein Management und einen großen Beraterstab, in dem sind fast alle seine Familienmitglieder vertreten und angeblich auch Boris Becker. Der wird zumindest gerne als "Freund der Familie" bezeichnet. Ein Beraterstab ist im modernen Sport ganz wichtig. Der sagt, was gut ist. Oder eben was nicht.

Unlängst fanden die schlauen Menschen um Zverev herum, dass es nicht zur beruflichen Planung ihres Schützlings passe, im Davis Cup für sein Heimatland anzutreten und den Abstieg aus der Weltgruppe zu verhindern. Der DTB kann sich mit Zverev keinen Zwist leisten. Denn der 20-Jährige ist sein Kapital. Er ist ein Versprechen bei Verhandlungen mit TV-Sendern, etwas Attraktives anbieten zu können. Herrentennis war hierzulande über viele Jahre nicht vermittelbar. Mit Zverev sind die Chancen deutlich gestiegen, wieder einen Platz bei einem der größeren TV-Sender zu finden.

Dazu ist es auch wichtig, einen Spieler auf dem heimischen Markt maximal bekannt zu machen. Das müsste eigentlich im gegenseitigen Interesse sein. Doch es gibt ja einen Beraterstab, und deshalb werden selbstverständliche Dinge eben noch mal diskutiert. Der DTB hat nun über den Kurznachrichtendienst Twitter verkündet: "Gute Nachrichten für die @GERRYWEBERWORLD - Alexander Zverev unterschreibt Dreijahresvertrag, schlägt sicher bis 2020 in Halle auf." Es firmiert schon als "gute Nachricht", dass ein deutscher Spieler bei einem Turnier in seiner Heimat antritt! Es muss ein Vertrag dafür geschlossen werden, damit man sich an dieses Treuebekenntnis erinnert. In diesem Fall zwischen Zverev und den Gerry Weber Open im westfälischen Halle. Eine ähnliche Vereinbarung gibt es zwischen Zverev und dem Tennisturnier in seiner Geburtsstadt Hamburg.

Es ist verständlich, dass man versucht, die Dienste von Schwergewichten der Branche wie Roger Federer und Rafael Nadal auch mittels eines Kontrakts zu sichern. Doch im Falle eines aufstrebenden Spielers wie Zverev sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, in seiner Heimat zu spielen. Ist es leider längst nicht mehr. Es ist erst ein Geschäft. Und dann irgendwann auch Sport.

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(RP)
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