Tennis-Star in der Krise So geht es jetzt mit Kerber weiter

Düsseldorf · Nach dem Erstrunden-Aus bei den French Open hat Tennisspielerin Angelique Kerber Veränderungen angekündigt. Die Nummer eins der Welt steckt tief in der Krise. Wie geht es jetzt mit ihr weiter? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Angelique Kerber erklärt zerknirscht ihr Erstrunden-Aus
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Kerber erklärt zerknirscht ihr Erstrunden-Aus

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Foto: ap, BC

Ist schon mal eine Nummer eins so abgestürzt?

Kerbers frühes Aus in Paris war ein Novum: Noch nie war die topgesetzte Spielerin bei den French Open in der ersten Runde gescheitert. Insgesamt war es bei Grand-Slam-Turnieren das fünfte Mal in der Open Era der Fall. Steffi Graf ereilte dieses Schicksal 1994 in Wimbledon. Kerber ist auch nicht die erste Nummer eins, die sich mit der Rolle schwer tut. So erlebte Ana Ivanovic nach ihrem Triumph 2008 bei den French Open eine ähnliche Krise. Bei den folgenden drei Grand-Slam-Tunieren kam sie nicht über die dritte Runde hinaus, in der Weltrangliste verlor sie die Spitzenposition im Herbst wieder und rutschte immer weiter ab. An die Form aus dem Frühjahr 2008 konnte die heutige Frau von Bastian Schweinsteiger nie wieder anknüpfen. Andere Spielerinnen wie die Dänin Caroline Wozniacki oder die Russin Dinara Safina gewannen nie ein Grand-Slam-Turnier und wurden trotzdem die Nummer eins. Kerbers Absturz wirkt im Vergleich zu ihrem Traumjahr 2016 mit zwei Major-Titeln natürlich besonders drastisch.

Was sind die Gründe für den Absturz?

"Es ist eine Kombination aus allem", sagt Kerber selbst. Die Krise sei auch ein bisschen fitnessbedingt, meint sie. "Wenn du immer einen Schritt zu spät kommst, machst du auch technische Fehler. Und dann kommt natürlich auch die Psyche dazu, wenn du eine Reihe von Erstrunden-Niederlagen hinter dir hast." Kerber hat offensichtlich Probleme, mit dem Druck, der auf einer Nummer eins lastet, umzugehen. Zudem hat das vergangene Jahr physisch und mental Kraft gekostet. Kerber spielte 2016 am absoluten Leistungslimit, dieses Traumjahr zu wiederholen, war wenig realistisch. Erschreckend ist allerdings die Art und Weise, in der sich Kerber zuletzt eine deutliche Niederlage nach der anderen abholte.

Wie lange bleibt Kerber noch die Nummer eins?

Kerber könnte schon nach den French Open abgelöst werden. Zwei Spielerinnen haben die Chance dazu. Die Rumänin Simona Halep, die ihn Roland Garros in einem offenen Feld als leicht favorisiert gilt, müsste den Titel gewinnen, um Kerber vom Thron zu stoßen. Der Tschechin Karolina Pliskova würde der Finaleinzug reichen. Spätestens in der Rasensaison dürfte Kerber die Spitzenposition aber verlieren, denn aus dem vergangenen Jahr hat sie viele Punkte zu verteidigen, 2016 stand sie im Wimbledon-Finale. Wenn sie ihre Form nicht stabilisiert, wird sie in den kommenden Monaten sogar um einen Platz in den Top Ten bangen müssen. Aber auf Rasen und anschließend auf Hartplatz fühlt sie sich wohler als auf Sand.

Was muss sich bei Kerber jetzt ändern?

Kerber braucht neue Impulse, das sieht sie selbst ein. Die Kielerin brachte selbst die Option eines "Supercoaches", also eines ehemaligen Weltklasseprofis als Trainer ins Gespräch. Unklar ist, ob der als Berater neben Kerbers Coach Torben Beltz fungieren würde oder den langjährigen Kerber-Trainer gar ganz ablösen könnte. Vor einigen Jahren hatte Kerber sich schon mal von Beltz getrennt. Nach der Rückkehr zu dem heute 40-Jährigen startete Kerber aber dann so richtig durch. "Er ist ihre wichtigste Bezugsperson", meint Boris Becker. Die Medien- und Werbetermine abseits des Tennisplatzes hat Kerber schon deutlich reduziert, um sich wieder auf das Sportliche zu konzentrieren.

Ist Steffi Graf eine Option?

Becker hat die Deutsche als Trainerin für Graf vorgeschlagen. Eine Zusammenarbeit ist durchaus denkbar, denn Kerber hat sich in der Vergangenheit schon Tipps bei Graf geholt und gemeinsam mit Graf in deren Wahlheimat Las Vegas trainiert. Als Vollzeit-Coach steht Graf aber sicher nicht zur Verfügung. Sie hat sich aus dem Rampenlicht und der Tennisszene größtenteils zurückgezogen, lebt mit ihrer Familie — die Kinder sind 15 und 13 — zurückgezogen im Spielerparadies. Ihr Mann Andre Agassi hat grade ein Angebot von Novak Djokovic angenommen, Graf hatte ihn dazu überredet. Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner hält derweil Becker für den idealen Berater für Kerber.

Wo spielt Kerber als nächstes?

Die Kielerin hat vor Wimbledon nach aktuellem Stand nur ein Vorbereitungsturnier eingeplant. Am 17. Juni ist zunächst ein Auftritt Kerbers bei der Champions Trophy im Vorfeld des Herren-Turniers in Halle/Westfalen geplant. Danach hat für das WTA-Turnier in Birmingham gemeldet, das eine Woche nach dem Ende der French Open beginnt. Danach geht es nach Wimbledon, das dritte Grand-Slam-Turnier des Jahres beginnt am 3. Juli.

(areh)
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