DTB-Präsident Dietloff von Arnim „Der Umgang mit dem Davis Cup ist erschreckend“

Interview | Düsseldorf · Der Düsseldorfer will im September Präsident des Tennis-Weltverbandes ITF werden. Sein Sport gebe derzeit kein gutes Bild ab. Vor allem die Mannschaftswettbewerbe bereiten ihm Sorgen.

 Dietloff von Arnim, Präsident des Deutschen Tennis-Bundes, schaute sich bei den Australian Open das Tennisgeschehen vor Ort an.

Dietloff von Arnim, Präsident des Deutschen Tennis-Bundes, schaute sich bei den Australian Open das Tennisgeschehen vor Ort an.

Foto: dpa/Frank Molter

Er gehört seit vielen Jahren bereits hierzulande zu den großen Strippenziehern im Tennis. Dietloff von Arnim (63) war vor knapp zwei Jahren beim Deutschen Tennis-Bund (DTB) als Präsident auf Ulrich Klaus gefolgt. Zuvor war er von 2004 bis 2012 Veranstalter und Turnierdirektor beim World Team Cup in seiner Düsseldorfer Heimat. Danach wirkte er weiter als Präsident des Tennisverbandes Niederrhein. Nun strebt er nach mehr. Er will Präsident des Tennis-Weltverbandes ITF werden.

Die nächsten Wahlen stehen im September 2023 im mexikanischen Cancún an. Seit 2015 steht der Amerikaner David Haggerty an der Spitze des Weltverbandes. Unter anderem wegen der Formatänderung des prestigeträchtigen Davis Cups 2019 hatte sich in den vergangenen Jahren vermehrt Widerstand gegen den 65-Jährigen formiert. Nun werden die Proteste immer lauter. Eine Chance für den Wechsel an der Spitze? Dietloff von Arnim bringt sich als Nachfolger in Stellung.

Herr von Arnim, Sie wollen Präsident des Tennis-Weltverbands ITF werden. Läuft das dort auch so wie bei anderen Sportorganisationen, dass man im Prinzip schon vor der Wahl den Sieger kennt?

Von Arnim (lacht) Ist das so? Ich stand da ja noch nie zur Wahl. Tatsächlich habe ich heute keine Ahnung, wie es ausgehen wird.

Sie treten nach jetzigem Stand nur gegen Amtsinhaber Dave Haggerty an, einen US-Amerikaner. Wer unterstützt Sie denn?

Von Arnim Ich bin letztlich ja von einigen Seiten angesprochen worden, die nach einer Veränderung bei der ITF streben. Das Board von Tennis Europe hat mich gebeten, für das Amt zur Verfügung zu stehen. Nominiert wurde ich dann vom DTB.

Was ist denn Ihr größtes Wahlversprechen?

Von Arnim Mir geht es nicht um das Amt an sich. Ich trete mit einem Programm an, mit Ideen, was im Tennis weltweit besser laufen sollte. Wie wir in einen engeren Austausch mit den großen Turnieren kommen und nicht zuletzt, was wir mit dem Davis Cup und dem Billie Jean King Cup machen.

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Foto: AP/Frank Augstein

Die ITF ist von Geldgeber Kosmos, einer Investorengruppe, nach nur fünf Jahren schon wieder sitzengelassen worden – die Zukunft des 123 Jahre alten Wettbewerbs steht auf der Kippe. Was wollen Sie machen?

Von Arnim Die Nachricht hat mich ehrlich umgehauen. Ich bin sehr gespannt, wie die ITF sich die Zukunft des einmaligen Mannschaftswettbewerbs jetzt vorstellt, welche Antworten sie in aller erster Linie hat. Mir bereitet das große Sorgen. Viel mehr weiß ich im Moment auch nicht, weil wir auch nicht mehr Informationen bekommen haben. Es gibt einfach viele offene Fragen.

Haben Sie Sorge, der Davis Cup könnte komplett aus dem Turnierprogramm verschwinden?

Von Arnim Nein, das glaube ich sicher nicht. Es gibt zwar die Versicherung der ITF, der Davis Cup würde wie geplant stattfinden. Doch dahinter stehen viele offene Fragen – unter anderem zur Finanzierung.

Was können Sie ganz konkret machen?

Von Arnim Aktuell nicht viel, weil ich nicht unmittelbar in die Entscheidungsprozesse eingebunden bin. Aber natürlich ist es das große Thema in der Tennis-Szene und ich führe viele Gespräche mit den anderen Nationen. Der Davis Cup ist nicht irgendein Wettbewerb. Er hat einen ungeheuren Wert für die ITF. Es ist ehrlich erschreckend zu sehen, wie damit derzeit umgegangen wird.

War die ITF zu blauäugig, was die Versprechungen der Investoren um den ehemaligen Barca-Star Gerard Piqué angeht?

Von Arnim Sagen wir so, manche Dinge waren vielleicht etwas zu gut, um wahr zu sein. Fakt ist: Der Partner hat seine Versprechungen nicht gehalten. Fakt ist auch: Die ITF steckt jetzt tief im Schlamassel. Fakt ist auch: Es ist kein Grund für Häme, dafür sind die möglichen Auswirkungen für das Tennis zu gewaltig. Es ist wichtig, dass die Dinge schonungslos aufgearbeitet werden. Es muss jetzt aber genauso entschlossen gehandelt werden. Der aktuelle Zustand ist wirklich traurig. Wir geben als Tennis kein gutes Bild ab.

Wir kennen uns schon aus Zeiten, da haben Sie als Turnierdirektor den World Team Cup im Düsseldorfer Rochusclub veranstaltet. Damals haben Sie immer ganz pikiert auf Fragen reagiert, warum Sie eigentlich nicht DTB-Präsident werden wollen...

Von Arnim (lacht) Jaja, aber das war nie geplant. So etwas kann man auch gar nicht planen. Was soll ich sagen, das Leben schreibt manchmal komische Geschichten. Es gab zum DTB schon seit vielen Jahren enge Bindungen. Und irgendwann hat es gepasst. Mir bedeutet dieser Sport einfach unheimlich viel. Ich kann nicht an den Problemen vorbeigehen. Ich versuche mit meinen Mitteln etwas beizusteuern.

Die Mitgliederzahlen in Deutschland sehen vielversprechend aus.

Von Arnim Absolut. Vor zwei Jahren konnten wir ein Plus von zwei Prozent erreichen, 2022 waren es stolze fünf Prozent. Das sind sehr gute Tendenzen, auf denen wir jetzt aufbauen wollen.

Wie viel Bedeutung hat die ITF eigentlich noch in Zeiten, in denen die Bedeutung einzelner Sportler und weniger Turniere immer größer wird?

Von Arnim Die ITF ist ja der Zusammenschluss aller Tennisnationen. Es ist die Hauptaufgabe für Tennis zu werben und einzustehen. Dazu kommen internationale Jugendturniere und alle Formate unterhalb von Challengern.

Also wenn das große Geld verdient wird, ist die ITF raus.

Von Arnim Die ITF leistet einen unfassbar wichtigen Beitrag. Es geht da nicht um ein gegeneinander. Wir haben alle das Ziel, Tennis populärer zu machen. Dazu kommt es auch darauf an, dass die ITF künftig deutlich enger mit der ATP und WTA zusammenarbeiten muss.

Sie sind Inhaber einer Werbeagentur in Düsseldorf. Wie vereinbaren Sie das mit Wahlkampf?

Von Arnim Berechtigte Frage. Es wird sportlich in den kommenden Monaten bis zur Wahl im September in Mexiko. Ich habe alles so organisiert, dass ich die Zeit dazu nutzen kann, um mich entsprechend einzubringen. Ich trete bei der Wahl zum ITF-Präsidenten an, um etwas zu verändern.

Was würde eine Wahl für Sie ganz persönlich bedeuten?

Von Arnim Ich würde als ITF-Präsident nach London umziehen, diese Entscheidung ist schon gefallen.

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