Grand-Slam-Titel und EM-Triumph Wie lange hält der Hype um Kerber und die Handballer an?

Köln · Um die Gold-Handballer und Angelique Kerber ist ein Hype entbrannt - doch wie können die beiden Sportarten die Erfolge auch langfristig nutzen? Eine entscheidende Rolle wird das Fernsehen spielen.

Angelique Kerber am frühen Morgen in Frankfurt gelandet
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Kerber wird am Frankfurter Flughafen empfangen

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Foto: dpa, fve kno

Bist du nicht im Fernsehen, schaust du in die Röhre. So einfach ist das. Dieses Mal durften sich die deutschen Handball-Europameister und die neue Tennis-Queen Angelique Kerber noch freuen.

Als sich Torwart-Held Andreas Wolff und seine Kollegen schon vor dem Abpfiff zum 24:17-Triumph gegen Spanien in Armen lagen, waren 17,4 Millionen Deutsche (!) bei der ARD-Übertragung live dabei. Bei Kerbers Premieren-Grand-Slam in Melbourne sahen mehr als 2,5 Millionen Fans den Matchball vormittags bei Eurosport. Der Hype ist da, das zeigen die Zahlen - doch wie lange noch?

Die Grundvoraussetzungen für eine Nachhaltigkeit sind gegeben, glaubt Professor Josef Hackforth. "Damit ein Hype nicht nachlässt, braucht es weitere Erfolge sowie Sportler oder Mannschaften, mit denen sich die Menschen identifizieren können", sagte der renommierte Kommunikationswissenschaftler dem SID. Und die habe man am Wochenende gesehen.

"Dagur Sigurdsson kann der neue Heiner Brand werden. Der singt ja als Isländer sogar die deutsche Nationalhymne mit", sagte Hackforth über den sympathischen Gold-Trainer.

Schwerer sei es im Tennis, wo die Glanzzeiten von Boris Becker und Steffi Graf schon lange zurückliegen. Auch wenn Bundestrainer Barbara Rittner hofft, dass Kerber "einen schlafenden Riesen geweckt hat", befürchtet Hackforth mit Blick auf Kerbers ersten Grand-Slam-Triumph: "Bitte, lass es keine Eintagsfliege sein!"

Der Medienexperte reihte sich nahtlos in die lange Reihe der Sportbegeisterten im Lande ein. Die Welle der Euphorie erfasste viele, bis hin zu Bundespräsident Joachim Gauck. Vorstandsvorsitzender Michael Vesper vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) weiß aber auch: "Der Hype, der im Handball und Tennis nun wieder erkennbar ist, lässt sich nur mit weiteren Erfolgen und konsequenter Arbeit in den Alltag übertragen."

Für Vesper spielt dabei die "Fernseh-Präsenz bei der weiteren Entwicklung der Sportarten eine Schlüsselrolle". ARD und ZDF erzielten bei der EM am Ende Traumquoten. Damit ist auch die Basis für eine hohe Sehbeteiligung bei Olympia in Rio gelegt. Doch bei der WM 2017 in Frankreich bleibt der Bildschirm wohl wieder schwarz. Und Tennis im Mekka Wimbledon? Kerber und Co. sind dann wieder nur im kleineren Kreis beim Pay-TV-Sender Sky zu sehen.

Im Fall Handball konnten sich die beiden öffentlich-rechtlichen Sender bislang nicht mit Rechteinhaber beIN aus Katar einigen, der auf eine Verschlüsselung via Satellit besteht. DHB-Vizepräsident Bob Hanning fordert unmissverständlich eine Übertragung in ARD und ZDF, ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky weist aber auf die Problematik hin: "Wir würden nach derzeitigem Stand 18,4 Millionen Haushalte, die uns via Satellit empfangen, einfach ausschließen. Das kommt für uns einfach nicht in Frage."

Der Ball liege, so Balkausky, "bei beIN Sport, der uns vor der EM mitgeteilt hat, von der Position, die eben diesen Ausschluss nach sich ziehen würde, nicht abrücken zu wollen". Aber selbstverständlich sei man "jederzeit bereit, uns wieder gemeinsam an den Tisch zu setzen", sagte Balkausky dem SID.

Vesper hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben: "Ich bin mir sicher, dass ARD und ZDF nun mehr denn je alles daransetzen werden, die Probleme mit dem Rechteinhaber zu lösen und diese WM zu übertragen." Auch die Tennis-Fans dürfen hoffen. "Die Vergabe der TV-Rechte für die großen Turniere und unsere Programmplanung sind langfristig angelegt. Wenn sich weitere Erfolge auf dem Niveau einstellen, kann es eine Neubewertung unserer Planung geben", sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz der Bild.

(ems/sid)
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