Federer scheitert bei Australian Open im Halbfinale Immer wieder dieser Nadal

Düsseldorf · Roger Federer hat bei den Australian Open eines seiner besten Grand-Slam-Turniere seit Jahren gespielt. Trotzdem war er letztlich wieder chancenlos gegen Rafael Nadal. Dafür gibt es Gründe.

Roger Federer verliert erneut gegen Rafael Nadal bei Australian Open
Foto: ap, Andrew Brownbill

Es gibt eine Szene in der Halbfinal-Partie zwischen Federer und Nadal, die das ganze Dilemma des Schweizers in den zahlreichen Matches gegen den spanischen Konkurrenten offenbart. Tiebreak im ersten Durchgang, Nadal schlägt zum Satzgewinn auf. Nach einem langen Ballwechsel bekommt Federer den Ball mit viel Topspin auf die Rückhand gespielt. Der Schweizer geht nicht mit voller Entschlossenheit in den Schlag, sein Versuch segelt deutlich ins Aus. Es ist der Anfang vom Ende.

Danach lief das Spiel nach dem alten Federer-Nadal-Konzept ab: Der Schweizer forderte seinen Gegenüber immens, Nadal den ehemaligen Branchenprimus aber immer irgendwie mehr.

Die Partie zwischen den beiden Dauerrivalen gleicht mittlerweile geradezu einem Film-Klassiker. Man freut sich drauf, man schaut es sich gerne an, es hat Niveau — Überraschungen bietet das große Ganze aber letztlich nicht.

Federer lässt Fans hoffen

Dabei konnte die Federer-Fangemeinde zu Recht von dem ersten Sieg des Schweizers über Nadal bei den Australian Open träumen. Der 32-Jährige zeigte gute Leistungen im Verlauf des Turniers, gipfelnd in einer Art Machtdemonstration gegen den Weltranglistenzehnten Jo-Wilfried Tsonga.

Das verschaffte ihm den lange vermissten großen Respekt im Teilnehmerfeld und es spielte sich deutlich leichter gegen einen teils verschüchtert aufspielenden Andy Murray. Eine durchschnittliche Leistung reichte Federer bei dem Vier-Satz-Sieg.

Dabei zeigte er durchweg deutlich offensiveres Tennis. Das hat Federer offenbar dem neuen Coach Stefan Edberg zu verdanken. Und eines war klar: Eben dieses vermehrte Netzspiel konnte ihm den Coup gegen Nadal bescheren.

Mentale Schwächen werden offenbart

Während Federer zu Beginn des Spiels die Taktik umzusetzen versuchte, verfiel er gegen Ende des ersten Satzes zunehmend in sein altes Muster. Er vermied das letzte Risiko, Nadal dominierte hingegen die Ballwechsel und konnte Federer immer wieder auf der Rückhand festnageln.

Im Basketball würde man diese Szene als "mismatch" bezeichnen, ein ungleiches Duell zwischen Verteidiger und Angreifer. Der Grund: Nadals extreme Topspin-Vorhand — der Maximalwert an Ballumdrehungen liegt bei 4900 pro Minute — nimmt auf dem Hardcourt noch mehr Tempo auf und springt sehr hoch ab.

Federer hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder er nimmt den Ball früh und riskiert damit einen Fehler. Oder er lässt sich ein wenig Zeit, um sich zu positionieren und den Ball fast auf Schulterhöhe zu schlagen. Das ist wiederum ein großes Problem für den Schweizer, da er eine einhändige Rückhand spielt. Im Gegensatz zu Beidhändern wie Novak Djokovic muss er deutlich mehr aus dem Arm arbeiten als aus dem Körper — und verliert damit die Kontrolle. Es klingt banal, aber das ist letztlich seit jeher das Erfolgsrezept von Nadal in den Partien gegen Federer.

52 cm² für mehr Selbstvertrauen

Dennoch kann Federer nach dem Katastrophenjahr 2013 erhobenen Hauptes Melbourne verlassen. Viel wurde dabei über den neuen Schläger gesprochen. Das Spielgerät von Wilson war lediglich an seiner Saitenbeschriftung zu erkennen, ansonsten war er nur schwarz lackiert. Federer hatte sechs baugleiche Prototypen anfertigen lassen. Der Unterschied zu seinen Vorgängermodellen ist eine größere Schlagfläche.

52 cm² mehr bietet der neue Schlägerkopf, ein enormer Unterschied in der Praxis. Zwar wirkt die Kraft während des Treffpunkts nicht mehr so fokussiert auf den Ball, dafür verzeiht der größere Rahmen unsaubere Treffer. Die deutliche verbesserte, weil sicherere Rückhand, verdankte Federer zunächst dem neuen Schläger, später sicherlich auch seinem Selbstbewusstsein.

Der Umstieg zeigt indes auch, dass Federer noch mal angreifen will. Er ist 32 Jahre alt, Vater von zwei Kindern, das dritte mit Ehefrau Mirka ist auf dem Weg. Viele Saisons wird er auf diesem Niveau nicht mehr spielen können. "Ich denke, dass er noch zwei Jahre um die großen Turniere mitspielen kann", sagte Eurosport-Experte Mats Wilander vor wenigen Tagen. Der Schweizer muss also schnell ein Rezept gegen seinen Dauerrivalen Nadal finden.

(cfk)
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