Australian Open Djokovic zeigt wie ein Roboter keine Schwächen

Melbourne · Nach dem sechsten Australian-Open-Sieg von Novak Djokovic gibt es eigentlich nur eine Frage: Wer soll "Roboto-vic" schlagen?

Aus der Fassung kann Novak Djokovic derzeit nur einer bringen. Der kleine Mann heißt Stefan, ist 15 Monate alt - und nennt den berühmten Papa einfach Mama. "Ich weiß auch nicht, warum er das tut. Es ist schon komisch, aber was will man machen", sagte der alte und neue König von Melbourne.

Auch während des einseitigen Finales der Australian Open zwischen Djokovic und dem Briten Andy Murray (6:1, 7:5, 7:6 (7:3) hampelte Blondschopf Stefan zu Hause in Monaco vor dem Fernseher herum, zeigte auf den Papa - und rief: Mama. Djokovics Frau Jelena hatte die kurze Videosequenz getwittert.

Was "Mama Novak" in den vergangenen zwei Wochen zeigte, gibt der Konkurrenz wenig Hoffnung auf ein Ende der "Robot-ovic"-Dominanz, wie The Age schrieb. "Novak war noch nie besser als in den vergangenen 18 Monaten. Er will immer weiter lernen, Tag für Tag", sagte sein Trainer Boris Becker, der nach dem sechsten Melbourne-Sieg und insgesamt elften Grand-Slam-Coup seines Schützlings sogar Tränen in den Augen hatte.

Auf die Einstellung "seines Spielers", wie Becker gerne sagt, haben die Erfolge allerdings keinen Einfluss. Djokovic will auch weiter zum Tier werden und seinen Status Match für Match verteidigen. "Der Wolf, der den Berg besteigt, ist hungriger als der, der schon auf dem Gipfel angekommen ist", philosophierte der 28-Jährige auf der Sieger-Pressekonferenz, nachdem er eine gute Stunde zuvor nach dem Matchball den blauen Center Court zärtlich geküsst hatte. "Ich habe eine Liebesbeziehung mit der Rod-Laver-Arena", meinte "Nole".

Genau hier hatte mit seinem ersten Major-Titel von acht Jahren die Reise begonnen, die inzwischen in gähnende Langweile an der Spitze ausgeartet ist. Ernsthafte Gegner? Mangelware. Der Spanier Rafael Nadal kommt einfach nicht mehr in Schwung, Roger Federer schwächelt ausgerechnet immer gegen Djokovic. Und Murray? Die Schlappe am Sonntag war die elfte Niederlage des Schotten in den vergangenen zwölf Duellen mit dem Branchenprimus. Noch Fragen?

Schlechte Aussichten also für eine Wachablösung. "An die Meisterklasse von Novak reicht einfach keiner heran", urteilte die australische Tageszeitung Herald Sun. Und selbst, wenn der Weltranglistenerste in einem Match einmal 100 (!) unbedrängte Feher macht, gewinnt er immer noch. So geschehen im Achtelfinale gegen den Franzosen Gilles Simon.

Grand-Slam-Rekordsieger Federer musste sich nach seiner Demontage in der Vorschlussrunde von Melbourne eingestehen: "Novak ist die Referenz für jeden Spieler. Eigentlich hätte er es verdient, dass momentan hinter seinem Namen ein Sternchen steht, weil er extrem gut spielt."

Apropos Federer. Den Abstand zu den 17 Major-Titeln des 34-Jährigen hat Djokovic in Down Under auf sechs verkürzt. "Ich bin in einer guten Position, aber wir müssen abwarten", sagte er mit Blick auf die Rekordjagd. In dieser Saison könnte sogar der Golden Slam winken, da im August die Olympischen Spiele anstehen.

Daran will der strebsame "Djoker", der im vergangenen Jahr bis auf die French Open alle Grand-Slam-Turniere gewann, allerdings keinen Gedanken verschwenden. "Ich kann es mir nicht erlauben zu relaxen, denn alle Spieler hinter mir sind hungrig", betonte der Serbe.

Djokovic zeigt aber auch immer wieder seine "menschliche" Seite. Seinem unterlegenen Gegner Murray, der unmittelbar nach dem Endspiel Richtung London zu seiner hochschwangeren Frau Kim Sears aufbrach, rief er via Platzmikrofon zu: "Genieße bald das Gefühl, Vater zu sein. Es gibt nichts Besseres." Stefan Djokovic wird "Mama" genau zugehört haben.

(sid)
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