Australian-Open-Siegerin in der Krise Angelique Kerber schwächelt - Steffi Graf soll helfen

Indian Wells · Angelique Kerber kommt nach ihrem Triumph bei den Australian Open einfach nicht in Schwung. Auch in Indian Wells verlor die Weltranglistenzweite ihre Auftaktpartie – und sucht jetzt vielleicht Hilfe bei Steffi Graf.

Angelique Kerber – erste Wimbledon-Siegerin seit Steffi Graf
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Das ist Angelique Kerber

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Foto: AFP/GLYN KIRK

Angelique Kerber kommt nach ihrem Triumph bei den Australian Open einfach nicht in Schwung. Auch in Indian Wells verlor die Weltranglistenzweite ihre Auftaktpartie — und sucht jetzt vielleicht Hilfe bei Steffi Graf.

Kerber legte sich nach ihrem bitteren Auftakt-K.o. ein Handtuch über die Schultern und verließ mit hängendem Kopf den Centre Court im paradiesischen Indian Wells Tennis Garden. 42 Tage nach ihrer Sternstunde bei den Australian Open ist die Weltranglistenzweite endgültig unsanft im Tour-Alltag gelandet — und wird nun wohl die Hilfe ihres "Edel-Fans" Steffi Graf in Anspruch nehmen.

Für Kerber war das 5:7, 5:7 gegen Denisa Allertova (Tschechien/WTA-Nr. 64) die dritte Niederlage im vierten Match seit dem Triumph von Melbourne und dem Sprung auf Wolke sieben. "Es ist eine komplett neue Situation für mich. Jede gibt alles, um zu gewinnen," meinte die Kielerin nach der Ernüchterung beim Millionenturnier in der kalifornischen Wüste: "Und niemand hat gegen mich mehr etwas zu verlieren."

Es sind die Geister, die sie durch ihren Grand-Slam-Coup rief. "Von so einer Situation träumst du doch dein Leben lang", sagte Kerber. Wohlwissend, um die Kehrseite der Medaille: "Natürlich spüre ich den Druck. Und ich weiß, dass ich noch eine Menge Arbeit vor mir habe."

Körperlich und mental ist die 28-Jährige nach den zahreichen TV-Auftritten und Interview-Marathons noch nicht wieder bei 100 Prozent. Derzeit findet die Linkshänderin einfach keinen Zugriff auf ihre eigentliche Stärke: Den unbedingten Willen und die Fähigkeit, sich in ein Match hineinzubeißen. Die Crux: Mit jeder Niederlage geht ein bisschen Selbstvertrauen flöten.

Für die Diplom-Psychologin Eva Pfaff kommt Kerbers holprige Rückkehr nicht überraschend. "Angie hat sich quasi aus ihrem Kokon gelöst und muss neu fliegen lernen", sagte die ehemalige Weltranglisten-17. dem SID und forderte Geduld: "Diese Aufgabe, sich neu zu orientieren, sich neu zu erfinden, braucht Zeit. Mit dem gewohnten Alltag von einst hat das nichts mehr zu tun."

Gut möglich deshalb, dass Kerber die Zeit bis zum Beginn des Turniers in Miami (ab 22. März) nutzt, um einen Abstecher nach Las Vegas zu Steffi Graf zu machen. Schon einmal hatte ihr die Ikone aus einer schwierigen Situation geholfen - und ihre Unterstützung in Notfällen zugesagt.

Exakt vor einem Jahr trainierte die tief in einer Krise steckende Kerber nach ihrem frühen Indian-Wells-Aus mit Graf. "Steffi hat mir damals gesagt, dass ich an mich glauben soll und auf dem richtigen Weg sei", erzählte die deutsche Nummer eins. Die Gräfin, die die ebenfalls eher introvertierte Kerber sehr schätzt, fand offenbar den richtigen Ton. Kurz darauf gewann "Angie" das Turnier in Charleston.

Für die bodenständige Kerber wird es auch wichtig sein, die Balance zwischen harter Arbeit auf dem Court, notwendiger Abschottung und der Befriedigung der medialen Bedürfnisse zu finden. "Es ist immer noch alles neu, weil ich so viele Sachen abseits des Spiels zu machen habe wie nie", erzählte die Siegerin des "Happy Slams": "Ich werde jetzt weniger machen."

Ihr Team hat sie für die US-Hartplatztour erweitert. Neben Trainer Torben Beltz und Physio Simon Iden zählt auch Fitnesscoach Dominik Labonté zur Reisegruppe.

Als Motivation könnte eine Postsendung dienen, die Kerber einen Tag vor ihrer Abreise nach Indian Wells erreichte. Der Siegerpokal von Melbourne kam mit fünfwöchiger Verspätung an. "Er steht bei mir im Wohnzimmer - mitten im Raum", verriet Kerber nach ihrem Ausscheiden mit leuchtenden Augen. Und plötzlich schien Wolke sieben wieder ganz nah.

(sid)
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