Alexander Zverev Deutschlands größte Tennis-Hoffnung

Hannover · Das Davis-Cup-Team unterliegt Tschechien im Achtelfinale mit 2:3. Alexander Zverev verliert zwar seine Partien, steht aber für Perspektive im deutschen Tennis. Der 18-Jährige profitiert von Fördergeldern in bisher einmaligem Ausmaß.

Alexander Zverev verliert entscheidendes Einzel gegen Lukas Rosol
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Zverev verliert entscheidendes Einzel gegen Rosol

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Foto: dpa, jst hpl

Es war am Freitagabend der vergangenen Woche, als sich das deutsche Herrentennis einen Neuanfang verordnet hat. Alexander Zverev kam in der Achtelfinalpartie gegen Tschechien zu seinem Debüt im Davis Cup. Er verlor in einer dramatischen Partie in fünf Sätzen. Doch am Ende stand das Publikum auf und bejubelte den 18-Jährigen als neuen Hoffnungsträger. In der Halle in Hannover war zu spüren, dass dort ein Spieler steht, dem Großes zuzutrauen ist. Unter den Zuschauern war auch Boris Becker - er hatte allerdings nur den ersten Durchgang mitverfolgt und ist dann zurück nach London geflogen, wo er seit ein paar Jahren lebt.

Zuvor hatte er bereits verkündet, was er von der Nummer 58 der Weltrangliste hält: "Wir können froh sein, dass wir ihn haben. Ab jetzt werde ich regelmäßig vorbeischauen." Und auch die zweite Niederlage von Zverev im abschließenden Einzel gegen Lukas Rosol gestern ändert an der Wertschätzung nichts. Deutschland hat 2:3 gegen Tschechien verloren, dafür aber endlich wieder eine Perspektive gewonnen. Zverev selbst war an einer derartigen Vorausschau nicht interessiert. "Ich bin vor allem enttäuscht", sagte er.

Alexander, genannt Sascha, Zverev, in Hamburg geboren, Sohn russischer Eltern, ist so etwas wie die Lebensversicherung für den deutschen Tennisverband. Der DTB fördert ihn mit 60.000 Euro im Jahr. "Wir zahlen ihm den größten Teil des Gehalts für seinen Fitnesstrainer gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund", sagt Dirk Hordorff, Vize-Präsident Sport beim DTB. "So eine Unterstützung gab es in dieser Größenordnung noch nicht beim DTB. Vergleichbare Spieler wurden früher mit maximal 5000 Euro im Jahr gefördert. Das reicht heute einfach nicht mehr aus. Wir müssen unsere außergewöhnlichen Talente so behandeln, dass sie auch mit den außergewöhnlichen Talenten anderer Nationen Schritt halten können."

Die Australier zum Beispiel würden einen Zverev, der in der kommenden Saison für den Düsseldorfer Bundesligisten Allpresan Rochusclub spielt, mit ein paar Hunderttausend Euro unterstützen. "Beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon haben sie für die besten Spieler des Landes vier Häuser gemietet, lassen Privatlehrer für die schulische Betreuung einfliegen", erzählt Hordorff, der als Trainer lange Rainer Schüttler und Janko Tipsarevic auf der Tour betreut hatte. "Dazu sind wir einfach nicht in der Lage. Unser Fördersystem liegt noch hinter dem von Luxemburg. Wir müssen uns etwas einfallen lassen." Beim deutschen Fed-Cup-Team geht durch Sponsor "Porsche" vieles leichter. Als Motivationshilfe stehen pro Jahr sechs Luxusautos zur Verfügung, die an die besten Athletinnen vergeben werden.

Bei den Herren gab es für die besten Talente bislang aufgrund chronisch leerer Kassen eine Spitzenförderung von 5000 bis 8000 Euro im Jahr. Zu wenig, um Jugendliche eine Perspektive und professionelle Bedingungen zu bieten. "Sie gehen uns irgendwann auf dem Weg verloren", befindet Hordorff. "Wir sind da einfach verdammt schlecht aufgestellt." Im vergangenen Jahr hat der 15-jährige Nicola Kuhn dem DTB mitgeteilt, dass er sich lieber künftig unter dem Dach des spanischen Verbandes entwickeln möchte. Die Iberer sollen ihm diese Entscheidung - so wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt - mit rund 75.000 Euro und einem Ausbildungspaket etwas erleichtert haben.

Zverev wäre vermutlich innerhalb des DTB-Systems niemals soweit gekommen. Sein Vater, selbst einst Tennisprofi, hat die Förderung in die eigenen Hände genommen. Mit dem zehn Jahre älteren Bruder Mischa ist Alexander schon früh bei Turnieren dabei gewesen. Früh ist klar gewesen, dass der Jüngere der beiden mit dem größeren Talent ausgestattet ist. Der 1,98-Meter-Schlaks hat 2014 das Juniorenturnier der Australian Open gewonnen. Nicht wenige trauen ihm zu, ähnliche Erfolge alsbald auch im Seniorenbereich zu erlangen. "Sascha ist einer der zukünftigen - ich würde fast sagen - Nummer-Eins-Spieler der Welt. Ich konnte nicht viel ausrichten, er hat unglaublich gespielt", sagte Tschechiens Spitzenspieler Tomas Berdych, nach dem er den jungen Deutschen nach vier Stunden niedergerungen hatte. Das Spiel hat von beiden Tribut gefordert. Berdych musste im Einzel gegen Philipp Kohlschreiber verletzungsbedingt aufgeben. Zverev hätte Deutschland zum Sieg führen können, doch er wirkte gegen Lukas Rosol kraftlos. Das DTB-Team muss damit im September um den Verbleib in der Weltgruppe kämpfen. Mit einem dann ausgeruhten und gereiften Zverev sollte das durchaus machbar sein.

(gic)
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