7,41 Euro pro Stunde Verdienst von Top-Athleten unter Mindestlohn-Niveau

Berlin · Die finanzielle Lage von Top-Athleten in Deutschland außerhalb der großen Profiligen ist trotz kleiner Hoffnungsschimmer alarmierend. Das ergibt eine neue Studie der Stiftung Deutsche Sporthilfe.

 Die 4x100m Staffel der Frauen bei der EM 2018: Rebekka Haase, Gina Lückenkemper, Lisa-Marie Kwayie, Tatjana Pinto (v.l.).

Die 4x100m Staffel der Frauen bei der EM 2018: Rebekka Haase, Gina Lückenkemper, Lisa-Marie Kwayie, Tatjana Pinto (v.l.).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Großer Aufwand, geringer Verdienst: Die finanzielle Situation von Spitzenathleten in Deutschland bleibt angespannt. Eine neue Studie der Deutschen Sporthilfe ergab, dass Athleten außerhalb der Profiligen eine 56-Stunden-Woche haben und mit einem Stundenlohn von 7,41 Euro auskommen müssen.

Damit hat sich die Lage in den letzten Jahren nicht geändert. Bereits im Jahr 2009 hatte die Studie einen Stundenlohn von nur 7,38 Euro ermittelt. Die minimale Steigerung blieb unterhalb des Inflationswertes. Und: Der augenblickliche Stundenlohn liegt klar unter dem Mindestlohn in Deutschland von 9,19 Euro.

Wie die Umfrage ergab, sind die Athleten etwa 127 Tage im Jahr für ihren Sport unterwegs, durchschnittlich kommen sie pro Woche auf neun Trainingseinheiten. Die Umfänge im Training haben im Vergleich zu 2009 noch einmal minimal zugenommen, höhere Kaderstufen erfordern höhere Zeitaufwände.

"Das Investment der Athleten zahlt sich oft nur im Falle eines Olympiasieges aus", sagte Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln, die im Auftrag der Sporthilfe die Befragung von 1087 Athleten im vergangenen März und April durchgeführt hatte. "Für uns sind die Ergebnisse der Studie Ansporn, in Kooperation mit unseren Wirtschaftspartnern weiter am Ausbau der Unterstützung der Spitzensportler zu arbeiten", sagte Michael Ilgner, Vorstandsvorsitzender der Sporthilfe.

Zur Freude von Ilgner hatte der Bund der Sporthilfe im vergangenen Jahr 3,5 Millionen Euro mehr zur Förderung der Athleten zur Verfügung gestellt, für 2019 sind bereits sieben Millionen Euro in den Haushalt eingestellt. 2010 erhielt jeder Sporthilfe-Athlet 250 Euro, derzeit sind es 550 Euro, "und unser Ziel lautet 1000 Euro für jeden Athleten", so Ilgner.

Erstmals versuchte die Studie, die jährlich unterschiedliche Schwerpunkte setzt, den finanziellen Verzicht zu ermitteln, den junge Leute in Kauf nehmen, wenn sie sich für Leistungssport entscheiden. Demnach liegt die Differenz für 18- bis 20-Jährige beim Einkommen zur normalen Bevölkerung jährlich bei 5050 Euro. Auf Sicht gesehen verzichtet ein Athlet im Alter von 18 bis 30 Jahre auf ein Einkommen in Höhe von mindestens 58.000 Euro.

Dagmar Freitag, Vorsitzendes im Sportausschuss des Deutschen Bundestages, zeigte großes Verständnis dafür, dass die mangelnde Altersversorgung den Athleten weiterhin große Sorgen bereitet. Politisch sei das aber berücksichtigt worden. "Wir haben den Punkt im Koalitionsvertrag eingebaut und werden uns in Zukunft verstärkt damit beschäftigen", versprach die SPD-Politikerin.

Trotz des finanziellen Engpasses sind die meisten Athleten mit ihrer Situation zufrieden. Bei der Befragung lag der Mittelwert bei 7,4 auf einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) und 10 (ganz zufrieden).

In der Tat sehen die Athleten ihre Lage nicht nur negativ. "Es zwingt dich ja keiner, Leistungssportler zu werden", sagte Marc Zwiebler, ehemaliger Weltklasse-Badmintonspieler und nun Mitglied der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB): "Trotzdem finde ich es wichtig und richtig, dass die Situation nicht so bleibt wie sie ist."

(lt/sid)
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