FIS kontollierte: Sechs Athleten wurden disqualifiziert Skispringen wird zum High-Tech-Sport

Leipzig (sid). Alle kontrolliert, ein halbes Dutzend disqualifiziert - die zu High-Tech-Sportlern aufgestiegenen Skispringer haben gleich beim Weltcup-Auftakt einen wichtigen Sieg gegen die Schummler im Material-Poker erzielt. In der "Formel 1 des Winters" ging es im finnischen Kuopio hinter den Kulissen des Mannschaftshotels zwar wie in einem Schneider-Stübchen zu, aber "alle Athleten standen den Matrialkontrollen positiv gegenüber. Jetzt weiß jeder Springer, dass wir hart gegen Sünder vorgehen", bilanzierte Walter Hofer.

Der Renndirektor des Internationalen Skiverbandes (Fis) war mit komplett neuer Messtechnik in Finnland angetreten, um die im Sommer heiß diskutierten Änderungen im Materialbereich durchzusetzen. Auf einer Kontaktplatte wurden alle Springer neu vermessen, wobei sogar der Fersendruck vorgeschrieben war. Noch im letzten Jahr waren einige Athleten beim Vermessen ganz plötzlich gewachsen, um später längere Sprunglatten benutzen zu können.

Für die neu limitierten Sprunggeräte hatte Hofer eine Art Kasten entwickeln lassen. Passten die Latten hinein, war alles in Ordnung. Gleich vier Nachwuchsspringer der finnischen Mannschaft scheiterten. Sie waren mit ihren zu breiten Vorjahres-Ski angetreten und offiziell noch nicht neu beliefert worden. Ein Pole und ein Slowene fielen im Wettkampf mit zu langen Ski auf und postwendend raus. Einige andere, so Hofer, zogen nach freiwilligen Tests im Wettkampf-Vorfeld die Notbremse und griffen zur Säge.

Mit nicht regelkonformen Anzügen rutschte kein einziger Springer durch das Kontrollsieb, weil sich der komplette Weltcup-Tross bereits rechtzeitig den von der Fis auf angebotenen Vortests im Hotel unterzogen hatte. "60 Prozent mussten danach noch Kleinigkeiten ändern", schätzt Hofer ein. Der deutsche Co-Trainer Wolfgang Steiert erzählte, eine japanische Betreuerin habe im Hotel eine Nähmaschine aufgestellt und zehn Stunden im Akkord gearbeitet: "Die Frau hat das Geschäft ihres Lebens gemacht."

Hintergrund der Fis-Offensive gegen Schummler sind die Wünsche der Athleten, die im Gespräch mit Hofer immer wieder komplexere Kontrollen gegen die Trickser angemahnt hatten. Noch vor dem Weltcup setzte sich Auftaktsieger Martin Schmitt beispielsweise dafür ein, dass der Brustumfang (darf ohne Anzug nur noch acht Zentimeter geringer sein als mit) beim Einatmen gemessen werden muss: "Mehr als Atmen kann man nicht."

Kontrollgruppe bleibt bestehen

Der Schlabber-Look der letzten Jahre hatte ebenso wie die breiteren und längeren Ski nur ein Ziel: weitenträchtige Tragfläche für die Herren der Lüfte zu gewinnen. Mit den aktuellen Begrenzungen für Ski und Anzug will der Weltverband wieder mehr die Athletik des Skispringens fördern und den Hang zur Magersucht in der Szene bekämpfen. "Ein Schritt in die richtige Richtung", meint Schmitt: "Obwohl auch in Zukunft die Leichten im Vorteil sein werden." Mit 64 Kilo auf 1,81 Meter gehört der Furtwanger auch nicht gerade zu den Bodybuildern der Zunft.

Für den weiteren Saisonverlauf hat Hofer bereits den Fortbestand der in Kuopio installierten Kontrollgruppe angekündigt: "Mein Wunschziel ist es, bei jedem Weltcup alle Springer zu kontrollieren. Aber das hängt auch vom Zeitplan und vom Verlauf ab." Zumindest die besten Zehn sollen auf alle Fälle Ski und Anzüge permanent präsentieren.

(RPO Archiv)
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