Chennai/Düsseldorf Schach-Weltmeister "Vishy" Anand beweist Nervenstärke
Chennai/Düsseldorf · Nach 64 Zügen einigten sich Magnus Carlsen und Viswanathan Anand auch in ihrer vierten Partie auf eine Punkteteilung.
Spanische Eröffnung — Applaus. Bauernmajorität auf dem Königsflügel — Jubel. Der Schachsport gewinnt in diesen Tagen in Indien an Lautstärke. Stille herrscht rund um das Schachbrett von Viswanathan "Vishy" Anand und Magnus Carlsen kaum noch.
Dabei gab es gestern am Ende der sechsstündigen WM-Partie wieder eher wenig zu jubeln — erneut fehlte ein Sieger. Auch in der vierten Partie (von insgesamt zwölf) trennten sich die Schach-Meister mit einem Remis. Dabei hatten die Zuschauer gehofft, dass der Wettkampf nach den schnellen Remis in den ersten drei Partien nun endlich an Fahrt aufnehmen würde. Viele Experten hatten im Vorfeld prognostiziert, dass der Norweger mit seinem positionellen Spiel den Weltmeister von Beginn an unter Druck setzen wird. Bisher zeigte er sich nach den ersten drei Spielen jedoch lediglich zerknirscht. Der Druck ist inzwischen groß geworden — für beide.
Und so gab es gestern eine aggressive vierte Partie zu sehen. Immer wieder brachte Magnus Carlsen Züge aufs Brett, die seinen Gegner überraschten und vor Probleme stellten. Genau das ist die Kunst des Norwegers — den Gegner in die Ecke zu drängen. Nach der bislang längsten Partie dieser Schach-WM im indischen Chennai wirkten beide Spieler am Ende erschöpft. Dabei schien der Norweger lange auf dem Weg zum ersten Sieg. "Es ist schade, dass ich so eine gute Stellung nicht gewinnen konnte, aber mein Gegner hat sehr gut gekämpft und sich hervorragend verteidigt. Ich weiß nicht, an welcher Stelle ich meine Gewinnchance vertan habe", sagte Carlsen. Der 43-jährige Anand erklärte, seine Eröffnung sei "fürchterlich schiefgelaufen. Ich habe einen unlogischen Zug nach dem anderen gemacht."
Dennoch wurden die Züge des Titelverteidigers von seinen Landsleuten beklatscht. Hin und wieder versuchten die Ordner Ruhe in den Bankettsaal des Hyatt Regency zu bringen — keine Chance, Schach hat in Indien in diesen Tagen das beliebte Cricketspiel verdrängt. Die Inder wollen ihren Helden "Vishy" feiern. Doch für ihn wurde der gestrige Tag zur Zerreißprobe. Nachdem der Norweger auf dem sicheren Weg zu seinem ersten Sieg schien, setzte der Inder trotz Zeitnot noch einmal zum Konter an. Neun Züge in sieben Minuten, und dann stellte ihm sein Gegner auch noch zahlreiche Fallen. Doch "Vishy" behielt die Nerven bis zum letzten Zug.
Notation