Ruhpolding Sachenbacher-Stehles starkes Solo

Ruhpolding · Die ehemalige Langläuferin hat die Umschulung zur Biathletin offenbar geschafft. Von Startläuferin Franziska Preuß als 18. ins Rennen geschickt, stürmt die 33-Jährige an die Spitze. Am Ende ist nur die russische Staffel schneller.

Plötzlich ist es wieder da, das gute, alte Evi-Lächeln. Dieses Lächeln, welches das deutsche Wintersportpublikum bezaubert hatte, seit die zierliche Oberbayerin bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City Gold und Silber gewonnen hatte. Ein Lächeln garniert mit rosa Stirnband, sonnig-braunem Teint und Zöpfchen. Ein Lächeln, das zuletzt rar geworden war. In Ruhpolding ist die frühere Langläuferin Evi Sachenbacher-Stehle nach anderthalb Wintern des Ausprobierens und Zweifelns, der kleinen Fortschritte und großen Rückschläge im Biathlon-Sport angekommen.

"A guats Rennen" hatte die 33-Jährige geboten, stellte sie mit höflicher Untertreibung fest. Ein "bravouröses Rennen" bescheinigte ihr Cheftrainer Uwe Müssiggang. Als 18. im Feld von 21 Staffeln übernahm die Oberbayerin von der indisponierten Franziska Preuß (vier Nachlader und eine Strafrunde) und führte die Gastgeber an die Spitze. Laura Dahlmeier und Franziska Hildebrand vollendeten ein Rennen, das mit Platz zwei große Hoffnungen für die morgen in vier Wochen beginnenden Olympischen Spiele in Sotschi hinterließ. Nur die Russinnen waren um 6,2 Sekunden schneller.

"Wenn es bei der Hürdenläuferin nicht klappt, muss es eben die Langläuferin richten", sagte Müssiggang. Was die ehemalige Leichtathletin Preuß verbockte, machte Sachenbacher-Stehle, die fast ein Jahrzehnt zur Weltspitze im Langlauf gehörte, wieder gut. Lediglich einen Nachlader in ihrer Problemübung, dem Stehendschießen, leistete sie sich. Mit 16:46,7 Minuten gelang ihr die Bestzeit aller 84 Athletinnen auf dem sechs Kilometer langen Teilstück.

Als Siebte in Sprint und Verfolgung hatte sie am vergangenen Wochenende in Oberhof erstmalig die Olympia-Qualifikation als Biathletin geschafft. Dass sie nun ihre Bewährungsprobe im stimmungsvollen Ruhpolding bestand, war ein schöner Aspekt in der unter den Biathleten mit einigem Argwohn begleiteten Geschichte ihrer Umschulung. Es war ihr erster Start als Zweikämpferin auf den Strecken, die keine 20 Kilometer von ihrem Heimatort Reit im Winkl entfernt liegen.

Das Publikum begleitete sie lautstark auf ihrer Aufholjagd, bei der sie Könnerinnen wie die Finnin Kaisa Mäkärainen und die Norwegerin Ann Kristin Flatland überholte. "Mich motivieren die Zuschauer brutal", sagte sie nach ihrem zweiten Start in einer Biathlon-Staffel.

Fünf Olympia-Medaillen besitzt Sachenbacher als Souvenirs aus Salt Lake, Turin und Vancouver – und die fünftägige Schutzsperre von 2006 wegen überhöhter Blutwerte bleibt auch als olympische Erinnerung. "Ich wollte es allen zeigen und noch einmal zu den Spielen", sagte sie. Doch dabei war sie verkrampft. Die schwachen Resultate des Frühwinters entsprachen nicht den guten Trainingsleistungen. Erst als sie sich an den Weihnachtsfeiertagen klar machte, dass das Leben auch ohne einen Start in Sotschi weitergehe, gewann sie die Lockerheit, die sie nun in Erfolg umsetzt.

Nach dem zweiten Platz in Hochfilzen, dem Sieg in Annecy und dem zweiten Rang nun in Ruhpolding reist die deutsche Staffel als Medaillenanwärter zu den Olympischen Spielen. 2010 hatten Kati Wilhelm, Simone Hauswald, Martina Beck und Andrea Henkel in Vancouver Bronze geholt (Magdalena Neuner hatte nach zwei Siegen in Einzelrennen auf einen Einsatz verzichtet). Aus diesem Quartett steht einzig Henkel noch zur Verfügung. Die 36-Jährige musste gestern allerdings wegen Magenproblemen passen.

(RP)
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