Düsseldorf Revanche für die Regenschlacht

Düsseldorf · Im EM-Achtelfinale trifft Deutschland auf die Slowakei. Die Erinnerungen an diesen Gegner sind schlecht: Im Mai gab es im Test eine 1:3-Pleite.

Jetzt also die Slowakei. Zunächst schien es ja so, als wäre es geeigneter Stoff für eine Doktorarbeit, jenen Gruppendritten herauszufiltern, der im Achtelfinale der Gegner der deutschen Mannschaft wird. Komplizierte Tabellen schienen unzählige Möglichkeiten wiederzugeben - und am Ende war es dann beinahe banal: Mit einer einzigen Ausnahme, die schließlich nicht eintrat, musste immer die Slowakei der deutsche Gegner sein, sofern sie als Dritter der Gruppe B die Vorrunde übersteht.

Und das taten die Slowaken ziemlich souverän. Zwar unterlagen sie zum Auftakt der Endrunde den Walisern 1:2, doch zeigte das weitere Auftreten der Truppe um Real Madrids Stürmerstar Gareth Bale, dass dies keineswegs unter der Rubrik Blamage abgeheftet werden musste. Anschließend bezwang die Mannschaft von Trainer Jan Kozak Russland 2:1 und trotzte den anfangs hoch gewetteten Engländern ein torloses Unentschieden ab. Mit vier gewonnenen Punkten war der Einzug in die Runde der letzten 16 frühzeitig klar.

Am Sonntag um 18 Uhr misst sich die Slowakei in Lille mit Deutschland, und sie tut dies mit einer guten Portion Selbstbewusstsein. "Wenn Hamsik das Heft in die Hand nimmt, können wir jeden schlagen", schrieb die Zeitung "Pravda" - wohl wissend, dass jetzt das Duell mit dem Weltmeister ansteht.

Der Mann, den die "Pravda" anspricht, ist die Lichtgestalt im Team des deutschen Kontrahenten. Marek Hamsik, 28 Jahre alt und schon seit neun Jahren eine feste Säule beim SSC Neapel. 319 Pflichtspiele absolvierte Hamsik in dieser Zeit für die Süditaliener, erzielte dabei 81 Treffer. Eine äußerst respektable Bilanz für einen Mittelfeldspieler, zu der auch seine Zahlen im Nationaltrikot passen: 19 Tore in 90 Partien.

Wenn es nach Kozak geht, sollten Hamsiks Tage im hellblauen Trikot der Neapolitaner jedoch gezählt sein. "Er hätte es wirklich verdient, für einen ganz großen Klub zu spielen", sagt der Nationaltrainer, der dabei mindestens an Juventus Turin, wenn nicht sogar Topvereine aus Spanien oder England denkt.

Oder sogar Deutschland? Eigenwerbung hat Hamsik schließlich auch hierzulande bereits ordentlich betrieben. Vor allem mit seinem sehenswerten Distanzschuss, der beim vorletzten Testspiel der DFB-Auswahl am 29. Mai in Augsburg im deutschen Netz einschlug. Es war nach Mario Gomez' Führungstreffer der 1:1-Ausgleich, dem Hamsiks Teamkollegen Michal Duris und Juraj Kucka innerhalb von nur elf Minuten noch zwei weitere Treffer zum überraschenden 3:1-Sieg der Slowaken folgen ließen. Im Nachgang dieser Heimpleite war zwar mehr von den sintflutartigen Regenfällen die Rede, die den Rasen in das größte Planschbecken Augsburgs verwandelt hatten, als von spielerischen Qualitäten der Slowakei. Immerhin aber genügte ihr Auftritt, um die zuvor als graue Maus angesehene Truppe auf vielen deutschen EM-Tippzetteln in die K.o.-Runden zu spülen.

Für Marek Hamsik ist das weniger interessant. "Wir haben schon mit der Teilnahme einen historischen Erfolg verbucht", sagt er artig. "Wir sind alle einfach nur glücklich, Teil des Turniers zu sein." Das wären die Slowaken nun gern noch ein bisschen länger. Dafür bedürfte es eines erneuten Sieges gegen den Weltmeister - diesmal wohl ohne Regenfluten als Helfer von oben. Der Schlüssel dazu ist Hamsik, von der Zeitung "Novy Cas" für "besser als Ronaldo" befunden. Doch selbst wenn es nicht klappt gegen den Weltmeister: Ihre Ziele, die Vorrunde zu überstehen und den großen Bruder Tschechien abzuhängen, haben die Slowaken längst erreicht.

(jol)
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