Tour de France Sauberer, aber noch lange nicht rein

Düsseldorf · Die schlimmsten Zeiten des Radsports liegen bald ein Jahrzehnt zurück. Saubere Leistungen sind aber nicht garantiert, wenn die Tour 2017 in Düsseldorf startet. Die Landeshauptstadt hat laut Oberbürgermeister Geisel eine Ausstiegsklausel.

Die Lügen des Lance Armstrong
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Foto: dpa, epa Bernard Papon

Der Geist aus der Vergangenheit ist wieder aufgetaucht. Mitte Dezember preschte Lance Armstrong an allen Konkurrenten vorbei und kam als Erster ins Ziel. Nicht wie früher auf dem Rennrad, sondern in Laufschuhen. Der 44-Jährige gewann in Kalifornien einen Wald- und Wiesenlauf über 35 Kilometer. Er brauchte 3:00:34 Stunden für den anspruchsvollen Kurs. Dabei ist der Texaner als Folge jahrzehntelangen Dopings für alle leistungssportlichen Wettbewerbe gesperrt: ob Radsport, Marathon oder Triathlon. Armstrong bringt mit solchen Auftritten wieder die dunklen Seiten des Radsports ins Gespräch. Die Zeit, in der er sieben Mal die Tour de France gewann, und Doping zum System gehörte.

Und heute, da sich Düsseldorf auf den Start der Tour de France im übernächsten Jahr freut? Ist der Radsport wieder sauber? Nein, ist er nicht. Genau wie kein anderer Profisport sauber ist. Aber der Radsport ist deutlich sauberer geworden, als er noch vor einem Jahrzehnt war. Deutsche Rennfahrer wie Tony Martin, Marcel Kittel und John Degenkolb sind nicht nur erfolgreich, sie stellen sich auch offensiv gegen Doping. Dass André Greipel und Degenkolb bei der Wahl der "Sportler des Jahres" unter den Top Ten waren, ist auch ein Beweis dafür, dass ihre Sportart wieder Kredit gewonnen hat.

Die Internationale Radsport-Union (UCI) hat seit geraumer Zeit den Kampf für den sauberen Sport aufgenommen. Nicht nur aus Überzeugung, sondern auch weil Sponsoren abgesprungen waren und sich das TV-Publikum vom Radsport abgewendet hatte. Die UCI listet derzeit 51 wegen Dopingvergehen gesperrte Athleten auf - darunter Armstrong mit dem Stempel "lebenslänglich" und als einzigen Deutschen den für acht Jahre verbannten Fuldaer Patrick Sinkewitz. Zum Vergleich: Die Liste der Gesperrten beim Leichtathletik-Weltverband (IAAF) umfasst 306 Athleten, darunter keinen Deutschen.

Misstrauen begleitet das Peloton. Schwarze Schafe finden sich nach wie vor im Peloton. Dass das mehrfach auffällige Team Astana im vergangenen Sommer an der Tour teilnehmen durfte, war ein Armutszeugnis für die Veranstalter.

Die Rennfahrer vollbringen scheinbar Übermenschliches. Gesamtsieger Chris Froome fuhr im Juli mit einem Durchschnittstempo von 39,6 km/h seine 3360 Kilometer durch Frankreich. Armstrong brachte es 2005 mal auf 41,8 km/h. Auch wenn die Zeiten wegen der unterschiedlichen Streckenführungen nicht ganz zu vergleichen sind, deutet der Rückgang des Tempos darauf hin, dass verbotene Mittel und Methoden nicht mehr in gleichem Maße wie noch vor zehn Jahren zum Einsatz kommen. Für die 21 Kehren hinauf nach Alpe d'Huez brauchte Marco Pantani einst 37:35 Minuten, heute benötigen die Besten vier Minuten mehr.

Mit Blick auf den Grand Départ in Düsseldorf steht die Frage im Raum, ob sich die Stadt mit einer Vertragsklausel einen möglichen Ausstieg als Ausrichterin sichert. Dies könnte wichtig werden, falls es wieder zu Doping-Fällen kommt und die ARD aus diesem Grund aus der Übertragung aussteigt, womit der mediale Wert für Düsseldorf verloren wäre. In einem Interview mit einem französischen Radiosender erweckte Tour-Chef Christian Prudhomme den Eindruck, dass es eine solche Klausel nicht gäbe und sie bei sportlichen Ereignissen dieser Größenordnung auch nicht üblich sei.

Allerdings hatte die ARD sich nach Doping-Skandalen sehr wohl solche Rechte gesichert. Im Rathaus will man sich zwar nicht zu vertraglichen Details äußern, eine Sprecherin betont aber: "Die Landeshauptstadt ist hinsichtlich der Anti-Doping-Thematik in Bezug auf den Grand Départ rechtlich effektiv abgesichert. Anderslautende Medienberichte sind unzutreffend." Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) bestätigte, dass es unter anderem eine Ausstiegsklausel gäbe, die an die ARD-Liveübertragung gekoppelt sei. Würde die ARD wegen neuer Dopingskandale aussteigen, könnte auch Düsseldorf aussteigen. Er geht jedoch nicht davon aus, dass dies nötig sein wird.

(RP)
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