Radsport Neusser Radsportparty auf dem Mont Ventoux

Neuss · Vor der Tour de Neuss am 24. Juli checkte NRV-Vorsitzender Stephan Hilgers bei der Tour de France höchstpersönlich die Form seiner Stars.

Früher wurden auf dem Mont Ventoux mal Autorennen ausgetragen. Sogar ein Modell von Bugatti ("Type 57 Ventoux") ist nach dem 1912 Meter hohen Berg in der französischen Provence benannt. Der Geschwindigkeitsrekord soll bei satten 150 Stundenkilometern liegen. Doch als der "kahle Riese" am Sonntag zum französischen Nationalfeiertag das Peloton der Tour de France empfing, ging mit Motorkraft wenig. Auch für Stephan Hilgers, Vorsitzender des Neusser Radfahrervereins von 1888/09, hieß es stattdessen: "Bonjour auf dem Berg der Leiden!"

Denn die besten "Parkplätze" auf dem 15,9 Kilometer langen Anstieg waren bereits seit Tagen belegt. Wenn die Tour kommt, erlebt der windumtöste Mont Ventoux nämlich regelmäßig die "Invasion der Wohnmobile". Eine fast schon unwirkliche Show. Die Campingplätze in ganz Europa müssten in dieser Zeit eigentlich komplett verwaist sein ... Wer dagegen erst am Tag der Königsetappe anreist, muss gut zu Fuß sein. Selbst die tollkühnsten Motorrad-Artisten schaffen es im Gewusel aus erstaunlich professionellen Hobby-Radfahrern, entnervten Familienvätern und strengen Gendarmen noch nicht mal bis zur Fünf-Kilometer-Marke. Schon das in 1440 Meter Höhe gelegene Chalet Reynard, zur Tour eine Mischung aus Kirmes und Kostümfestival, ist nur in einem rund halbstündigen Fußmarsch quer durch den Wald zu erreichen.

Hilgers, für den die Stippvisite bei der Frankreich-Rundfahrt im Vorfeld der Tour de Neuss (24. Juli) seit Jahren ein Pflichttermin ist, weiß das natürlich. Schließlich hatte er sich auch schon vor vier Jahren, als die Tour de France das letzte Mal den Mont Ventoux angesteuert hatte, die rund 1000 Kilometer weite Anreise mit dem Pkw angetan. Als Basisstation diente wiederum das eine gute Autostunde östlich von Avignon gelegene Örtchen Rustrel. Dort, vis-à-vis des ebenso gewaltigen wie farbenprächtigen provenzalischen Colorados (ein ehemaliger Ocker-Steinbruch), besitzen die Neusser Kurt und Ortrud Hundertmark ein Ferienhäuschen.

Aber der NRV-Vorsitzende verbrachte das Wochenende nicht (nur) zum Vergnügen in der Provence. Vom wichtigsten Radrennen der Welt soll es für die Stars direkt weiter zur Tour de Neuss gehen. Sprintkönig André Greipel, in Frankreich Sieger der sechsten Etappe, steht bereits unter Vertrag — weitere sollen folgen. "Sofern sich dafür Sponsoren finden lassen", so Hilgers. Marcel Kittel, bei der Jubiläumsausgabe bislang dreimal erfolgreich, hätte er gerne, doch dafür reicht das Budget nicht. Mit leeren Händen kehrte Hilgers trotzdem nicht nach Grimlinghausen zurück. Auf dem Aufstieg über die Geröllwüste zum Gipfel entdeckte er Didi Senft.

Der als Tourteufel zum festen Inventar der internationalen Radsportszene zählende Paradiesvogel hatte sich mit seinem VW-Bus knapp zwei Kilometer vor dem Ziel festgefahren. Sein am Rande der Strecke aufgebockter Camper war auf dem instabilen Untergrund ins Rutschen geraten und stand manövrierunfähig vor einem Begrenzungspfahl. Zwar hatten ihn die Gendarmen partout nicht aus der Notlage befreien wollen, doch seiner guten Laune tat das keinen Abbruch. Mit einem "Hallo Neuss" fiel er Hilgers in die Arme.

Der nutzte die Gunst der Stunde, um die von Radsportfans aus aller Welt umlagerte Stimmungskanone für das Rennen auf der Kaiser-Friedrich-Straße zu verpflichten. "Bei uns kriegst Du auch ein Bett im Hotel", versprach er lachend. Für den diesmal in Gelb gehüllten Teufel war die Sache damit klar. "Ich komme nach Neuss", versprach er. "Bis dahin habe ich auch einen gefunden, der mich hier rauszieht ..."

(NGZ)
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