Voigt verbessert Stundenweltrekord Der Radsport kommt in Schwung

Düsseldorf · Der 43-jährige Jens Voigt verbessert im letzten Rennen seiner Karriere den Stundenweltrekord. Und die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF wollen wieder live von der Tour de France berichten.

Das ist Jens Voigt
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Jens Voigt tat gestern noch einmal das, was er am besten kann und womit er zwei Jahrzehnte sein Publikum begeistert hatte: Er kämpfte bis zum Gehtnichtmehr. "Ein letztes Mal musste ich mich quälen, aber jetzt gibt es keine Schmerzen mehr in meinem Leben", sagte er. Sein großes Ziel hat der Berliner Radsportler im letzten Wettkampf seiner Karriere erreicht. 51,115 Kilometer fuhr der 43-Jährige auf der Bahn im Schweizer Grenchen. Er verbesserte den neun Jahre alten Stundenweltrekord des Tschechen Ondrej Sosenka um 1415 Meter. Ein Kapitel Radsport-Geschichte ging zu Ende.

Es passt ganz gut, dass praktisch gleichzeitig ein Hoffnungsschimmer für diese (nicht unverschuldet) in Verruf geratene Sportart zu erkennen ist. Die Intendanten von ARD und ZDF haben diese Woche in Aussicht gestellt, nach drei Jahren wieder live von der Frankreich-Rundfahrt zu berichten. Es geht zunächst lediglich um ausgewählte Etappen vornehmlich am Wochenende, und die sollen auch nicht in voller Länge übertragen werden. Die Kostenrechner und die Rechtehändler sind nun am Zug.

Obwohl Eurosport die Fans mit umfangreicher Berichterstattung versorgte, ist die Präsenz im Öffentlich-Rechtlichen für die Sportart von großer Bedeutung. Nur wer auf den ersten beiden Knöpfen der Fernbedienung oder bei RTL zu sehen ist, wird von einem breiten Publikum wahrgenommen.

2011 stiegen ARD und ZDF aus, weil das Zuschauerinteresse drastisch nachgelassen hatte. Statt durchschnittlich drei Millionen in den Jan-Ullrich-Jahren schalteten nur eine Million ein. Dass der Radsport sein Dopingproblem nicht in den Griff bekam, erleichterte den Sendern den Ausstieg.

Der Sport ist nun angeblich sauberer geworden. "Ausschlaggebend für die Überlegungen zu einem vorsichtigen Wiedereinstieg sind die ernsthaften Bemühungen des Radsports im Kampf gegen Doping", teilt die ARD mit. Der Kölner Antidopingforscher Hans Geyer sagt zum Beispiel, dass der Radsport das beste Kontrollsystem habe. Über alle Zweifel erhaben ist der Sport keineswegs - mindestens so lange nicht wie Protagonisten der Hochdopingzeit wie etwa der Däne Bjarne Riis noch an verantwortlichen Stellen sitzen. Doch da sind die Radsportler kaum besser als Leichtathleten oder Schwimmer, von deren Großereignissen die Öffentlich-Rechtlichen munter berichten. Nach einer WDR-Umfrage glauben 76 Prozent der Sportfans, dass sich im Radsport in Sachen Doping nichts getan habe, 51 Prozent sprachen sich dennoch für Tour-Übertragungen aus.

Der Radsport lebt. Jedermannrennen boomen landauf, landab. Auch an der Spitze sind so häufig deutsche Rennfahrer zu sehen wie selten. John Degenkolb schloss die Spanien-Rundfahrt als bester Sprinter ab, vier Etappen hatte er für sich entschieden. Bei der Tour de France ging ein Drittel aller Etappensiege an deutsche Profis: Marcel Kittel (4), Tony Martin (2), Andre Greipel (1). Net-App, der einzige deutsche Rennstall der höchsten Kategorie, hat Björn Thurau, den Sohn des einstigen Tourhelden Didi,verpflichtet.

Der ASO, der Veranstalterin der Frankreich-Rundfahrt, kommt der Aufschwung recht. Der deutsche Markt ist von Interesse für das Unternehmen. Um die nachbarschaftlichen Beziehungen zu pflegen, kommt Tour-Chef Christian Prudhomme am 3. Oktober zum Münsterland-Giro. Die Westfalen wollen sich seit einiger Zeit für eine Etappe oder gar für den Start des dreiwöchigen Rennens empfehlen. Bislang letzter von drei Starts in Deutschland war 1987 in West-Berlin.

(RP)
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