Emanuel Buchmann beim Giro d‘Italia Neues Karrierehighlight in Italien gesucht

Düsseldorf · 2019 fuhr sich Emanuel Buchmann mit Platz vier bei der Tour de France ins Rampenlicht. Es folgten zwei verlorene Jahre. Beim anstehenden Giro d‘Italia kämpft der Ravensburger um ein gutes Ergebnis – für sich selbst und für seine Stellung im Team.

 Archivfoto: Im Vorjahr lag Emanuel Buchmann beim Giro d‘Italia in Sichtweite des Podiums, ehe er nach einem Sturz aufgeben musste.

Archivfoto: Im Vorjahr lag Emanuel Buchmann beim Giro d‘Italia in Sichtweite des Podiums, ehe er nach einem Sturz aufgeben musste.

Foto: dpa/Fabio Ferrari

Es war noch kein Hype, denn Emanuel Buchmann 2019 auslöste, aber hierzulande reckte man wieder etwas mehr die Köpfe in Richtung der Straßen bei der Tour de France. Denn da war wieder jemand aus Deutschland, der nicht nur kurz bei Sprints in Erscheinung trat, sondern auch in den Alpen und Pyrenäen vorn mitstrampelte, der um das große Ganze fuhr, die Gesamtwertung. Am Ende reichte es für Buchmann bei jener Tour zu Platz vier. Es war die erste Top-Ten-Position eines deutschen Fahrers in Frankreich seit 2009. Und sogleich stellte sich die Frage an: Geht da noch mehr?

Emanuel Buchmann: Hoffnung auf einen deutschen Rundfahrer
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Das ist Emanuel Buchmann

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Zweieinhalb Jahre später ist darauf nicht wirklich eine Antwort zu geben. Denn Buchmann ist seitdem nicht mehr oben in den Ergebnislisten der großen Rennen aufgetaucht. Dabei ist er nicht unbedingt schlechter geworden. Er hatte in erster Linie Pech. Und Pech ist ein mieser Begleiter, wenn es um eine Sportkarriere geht. 2020 gehörte Buchmann beim letzten Vorbereitungsrennen zur Tour zu den Besten, stürzte jedoch unglücklich und quälte sich anschließend chancenlos mit Hämatomen durch die Frankreich-Rundfahrt. Im Vorjahr bestritt er dann erstmals den Giro d’Italia, dem italienischen Pendant zur Tour, bei dem er nach 15 Etappen auf Rang sechs lag – ehe er auch hier unverschuldet auf den Asphalt knallte und aufgeben musste. Es ist nachvollziehbar, wenn Buchmann sagt, es sei zuletzt „nicht so gut“ gelaufen.

Dass er in diesem Jahr nicht für die Tour, sondern erneut für den an diesen Freitag in Budapest startenden Giro d’Italia vorgesehen ist, ist derweil nicht als Degradierung zu verstehen. Der Giro-Kurs mit vielen Bergen und wenigen Zeitfahrkilometern kommt seinen Fähigkeiten einfach mehr entgegen als die diesjährige Strecke der Tour. Dahinter steht also eine kluge Überlegung seines deutschen Teams Bora-hansgrohe: Die derzeit alles überragenden Rundfahrer, die Slowenen Tadej Pogacar und Primoz Roglic, konzentrieren sich auf die Tour de France – es steht also kein übermächtiger Gegner beim Giro am Start. Das erhöht die Chancen auf ein Spitzenresultat.

Für dieses ist Buchmann teamintern allerdings nicht mehr automatisch die erste Wahl, anders als noch im Vorjahr beim Giro oder der Tour 2019. Sein bayrischer Rennstall Bora-hansgrohe gehört längst zur Weltspitze, nur bei den Grand Tours, den dreiwöchigen Landesrundfahrten, fehlt bislang der große Durchbruch. Mindestens ein Podestplatz ist seit Jahren das unerfüllte Anliegen von Teamchef Ralph Denk. Dafür investierte er zuletzt mit Nachdruck in weitere Rundfahrer, also Fahrer, die ähnliche Stärken wie Buchmann aufweisen. Inzwischen besitzt man quasi ein Überangebot an Top-Leuten aus diesem Metier. Denk betont zwar stets, bei den Grand-Tour-Ambitionen auf Buchmann setzen zu wollen, auch da Erfolge eines deutschen Fahrers in einem deutschen Team selbstredend gut aussehen. Doch dieser Bonus dürfte irgendwann aufgebraucht sein. Denn schlussendlich dürften auch für Denk nur Ergebnisse zählen.

Beim Giro schickt das Team für den angestrebten Podestplatz mit Buchmann, dem Niederländer Wilco Kelderman und dem Australier Jai Hindley gleich drei Kapitäne ins Rennen. Dadurch erhofft man sich taktisch mehr Möglichkeiten. Kelderman war im Vorjahr Fünfter bei der Tour, Hindley erreichte 2020 sogar Platz zwei beim Giro, beide haben also zuletzt Ergebnisse erzielt und vor allem Kelderman gehört für viele Fachmedien zum erweiterten Favoritenkreis – während der Name Buchmann erst später im Kleingedruckten auftaucht.

In der Vorbereitung mussten jedoch alle drei Rückschläge verkraften, sei es durch Stürze oder Krankheiten. Auch Buchmann litt im April an einer Bronchitis. In Top-Form sieht er sich zum Start der Rundfahrt in Ungarn daher noch nicht, dafür aber womöglich in der dritten Woche, in der beim Giro traditionell die härtesten Bergetappen anstehen.

Buchmann könnte aus dem Bora-Trio für die Konkurrenz der große Unbekannte sein. Die Qualitäten für eine Top-Platzierung hat er längst nachgewiesen: gute Regenerationsfähigkeiten, Stressresistenz sowie die nötige Konstanz, auch gegen Ende von drei harten Rennwochen. Nur: Er konnte es in den vergangenen Jahren nie ohne Zwischenfall zu Ende bringen.

Auf Dauer wird das einer erfolgreichen Karriere allerdings zum Verhängnis, Führungsrollen bekommen dann andere Fahrer. Beim Giro d’Italia braucht der 29-Jährige daher bestenfalls ein neues Karrierehighlight – für sich selbst, aber auch für seine Position im Team. Vielleicht reicht es dafür schon aus, wenn er bis zum Ende sturzfrei bleibt.

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