Wegen Corona-Krise Paris verbietet Sport im Freien - Tour-Verschiebung immer wahrscheinlicher

Paris · Die Verschiebung der Tour de France rückt unaufhaltsam näher. Während die Macher unerschütterlich an der Frankreich-Schleife und einer Austragung mit Zuschauern festhalten, verschärft die Stadt Paris die geltende Ausgangssperre.

Christian Prudhomme träumt. Seinen großen Traum von einer Frankreich-Rundfahrt 2020 mit Zuschauern und dem gewohnten Riesenspektakel entlang der Strecke - doch der Boss der Tour de France hat seit Mittwoch das nächste Problem. Denn in Paris, wo die Große Schleife traditionell vor hunderttausenden begeisterten Fans ihr großes Finale feiert, verhängten Stadtverwaltung und Polizeipräfektur ein öffentliches Sportverbot von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr.

Während die Bürger in Paris tagsüber also vorerst keinen Sport mehr treiben dürfen, im Badeort Biarritz am Atlantik nicht länger als zwei Minuten auf Bänken Platz nehmen dürfen und eine Kleinstadt in Nordfrankreich sogar das Spucken und Niesen ohne Schutz untersagte, sollen laut Prudhommes gewagter Vorstellung ab dem 27. Juni Tag für Tag, drei Wochen lang, mehr als hunderte Radprofis begleitet vom Tour-Tross quer durch das Land radeln - angefeuert von Millionen Fans. Irrsinn! "Jede Art von Nachlässigkeit würde die kollektiven Anstrengungen gefährden", betonten die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo und Polizeipräfekt Didier Lallement.

Prudhomme hatte in einem Interview mit dem Portal Sports Auvergne zuletzt noch nachdrücklich gesagt, dass "die Tour nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden wird" - und damit Gedankenspiele über eine Geister-Tour vom Tisch gewischt. Dabei musste Prudhomme bereits vergangene Woche die ebenfalls von seiner ASO veranstaltete Tour-Generalprobe Criterium de Dauphine (31. Mai bis 7. Juni) verschieben, zwei Tage später sagten die Organisatoren der Tour de Suisse (6. bis 14. Juni) als den zweiten traditionellen Härtetest komplett ab.

Dennoch: "Der Termin für die Tour bleibt vorerst unverändert", sagte Prudhomme standhaft. Doch auch der 59-Jährige kann seine Augen seit Mittwoch nur noch schwer vor der Wahrheit verschließen. Realisten wie der Vorjahresvierte Emanuel Buchmann vom deutschen Team Bora-hansgrohe rechnen schon lange nicht mehr mit der regulären Austragung des wichtigsten und größten Sportevents Frankreichs. "So wie im Moment die Lage aussieht, kann ich mir nicht vorstellen, dass das mit Zuschauern am 27. Juni beginnt", sagte der 27-Jährige im Gespräch mit dem SID.

Dass Prudhomme die Tour unter allen Umständen nur mit Zuschauern durchführen will, halte er schon für sehr, sehr, sehr schwierig. "Aber wenn man das vielleicht um ein oder anderthalb Monate verschieben kann, sieht die Lage wahrscheinlich schon wieder besser aus", schlug Buchmann vorsichtig vor.

Prudhomme spielt hingegen lieber weiter auf Zeit. Als Frist, um über die Große Schleife zu entscheiden, soll sich Tour-Organisator ASO den 15. Mai gesetzt haben.

(sid/old)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort