Simon Geschke Der Bart ist der Star

Düsseldorf · Simon Geschke ist eines der bekanntesten Gesichter im Profi-Radsport. Am Sonntag startet der Berliner bei der WM in Norwegen.

 Simon Geschke.

Simon Geschke.

Foto: dpa

Niemand kann behaupten, der Radsport-Weltverband UCI würde seinen Fahrern in Sachen WM-Standort keine Abwechslung bieten. Im vergangenen Herbst ließ die UCI ihre Weltmeister noch bei 40 Grad in der Wüste von Katar ermitteln, dieses Jahr hat sie die WM ins norwegische Bergen vergeben, eine Stadt, die den zweifelhaften Ruf hat, die regenreichste Großstadt Europas zu sein. Die Witterung ist dann auch die große Unbekannte für die Teilnehmer - auch für das deutsche Team, das im Ausfall des erkrankten Kapitäns John Degenkolb den ersten Rückschlag hinnehmen musste, bevor die Profis überhaupt beim Zeitfahren (heute, 13.05 Uhr, mit Titelverteidiger Tony Martin) und im Straßenrennen am Sonntag (10.05 Uhr) an den Start gehen. Degenkolb hatte wegen Atemwegsbeschwerden schon die Vuelta aufgeben müssen. "Ich bin extrem enttäuscht", sagt der 28-Jährige, während sich Udo Sprenger, Vizepräsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), kämpferisch gibt. "Auch ohne ihn sind wir nicht chancenlos. Wir haben hochmotivierte Fahrer am Start, die das Rennen mitgestalten können", sagt er.

Einer davon ist Simon Geschke vom Team Sunweb. Der 31-Jährige ist den Radsport-Fans hierzulande seit seinem Etappen-Sieg bei der Tour de France 2015 ein Begriff. Eine breite Öffentlichkeit kennt ihn spätestens seit dem Grand Départ von Düsseldorf in diesem Juli, bei dem er aus seiner Begeisterung über den Tour-Start in Deutschland in keinem Interview einen Hehl machte. Generell gilt beim Mann, dessen Vollbart längst zum Markenzeichen geworden ist: Immer frei Schnauze als Berliner Schnauze. Apropos Bart: Aus dem Markenzeichen ist längst eine Geschäftsidee geworden. Und so gibt es inzwischen den "Geschke-Bart-Balsam", ein Pflegeprodukt, das den Bart, so das Versprechen auf der Internetseite, bis zu 24 Stunden in Form hält - selbst bei härtesten Rennen. Immer wieder werde er nach dem Bart gefragt, sagt Geschke. Selbst die Eltern hätten ihm gesagt, so sei er im Fernsehen viel leichter im Feld zu erkennen. So ist die Idee entstanden.

Der Bart wirkt also für Geschke. Der Tour-Start in Deutschland tat es als Bühne auch. Allerdings will Geschke dessen nachhaltigen Effekt für den Radsport hierzulande nicht durch eine rosa Brille sehen. Sondern realistisch. "Es hat sicherlich einiges verändert, der Grand Depart in Deutschlad war tiptop. Es ist aber auch leider schnell wieder in Vergessenheit geraten. Nachhaltige Veränderung fängt nicht beim größten Rennen an. Das fängt bei der Nachwuchsarbeit und bei kleineren Rennen an. Dass die Tour in Deutschland war, ist super, trotzdem fehlt es an Nachwuchs und Rennen", erklärt er.

In Bergen ist Geschke beim Straßenrennen über 276 Kilometer als einer von neun Deutschen am Start. Die Strecke ist ein Rundkurs, der zwölfmal absolviert werden muss, mit einem langgezogenen Anstieg kurz nach dem Start und einem 600 Meter langen, besonders bei Nässe gefürchteten Pflasterstück. Geschke sagt zwar selbst von sich, er denke nicht, "eine Rolle im Kampf um die Medaillen zu spielen. Ich werde mich als Helfer unterordnen".

Aber er ist als bekannt kämpferischer Fahrer eben auch einer, über den BRD-Vize Sprenger sagt: "Wir sind als Team schwer auszurechnen, das könnte unsere Stärke sein." Geschke könnte dann aufs eigene Wohl fahren, wenn es ein taktisches Rennen wird, wenn es Ausreißergruppen gibt, wenn es unruhig zugeht. Einer für alle Fälle eben.

Bleibt die Frage, wie eine Fotomontage aussehen könnte, die die langen Haare vom slowakischen Rad-Star und Titelverteidiger Peter Sagan (Geschke: "Ich habe großen Respekt vor ihm, er kann alles auf dem Rad") und Geschkes Bart in einem Gesicht kombinieren würde. Der Berliner ist sich sicher: "Wie das majestätischste Lebewesen auf diesem Planeten, der Löwe."

Seit Kurzem ist eine solche Spielerei ohnehin hinfällig: Sagan trägt jetzt Glatze.

(klü)
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