Der gebürtige Danziger hatte nach einem 60-minütigen netten Wortgeplänkel den verbalen Schlagabtausch mit einer Provokation eröffnet. "Graciano, Du kannst froh sein, dass ich noch Weltmeister bin. Sonst müsstest Du zum Arbeitsamt gehen. Ich schwitze schon", sagte der Halbschwergewichts-Champion. Er musste 35 Minuten auf seinen Widersacher warten, der bei der Anfahrt aus Berlin in einem Stau stecken geblieben war. "Ich hoffe, dass Rocky pünktlich zum Kampf kommt", stichelte Michalczewski.

Den Skandalkampf vom 10. August 1996 in Hamburg, als Rocchigiani nachträglich von der WBO disqualifiziert wurde, haben beide Kämpfer noch nicht vergessen. "Bist Du damals schwer K.o, gegangen, oder nicht? Du hast alle Leute mit Deiner Show-Einlage veralbert und verarscht", sagte der plötzlich emotionsgeladene Berliner.

Die Neuauflage des WM-Kampfes erreicht amerikanische Dimensionen. "Der Kampf hat ein außergewöhnliches Budget. Ob Sponsoren oder der TV-Sender Premiere World, jeder hat noch eine Mark draufgelegt. Deshalb hat es dreieinhalb Jahre gedauert, bis das zweite Duell perfekt war", sagte der Hamburger Box-Promoter Klaus-Peter Kohl. Der örtliche Ausrichter Andreas Grajewski hatte das Millionen-Spektakel "auf der Zielgeraden" der KölnArena ausgespannt. "Das ist das bisher größte Box-Ereignis in Deutschland", meinte Grajewski.

Angeblich sollen beide Profis eine Börse von sechs Millionen Mark kassieren. Graciano Rocchigiani, der zunächst sogar zehn Millionen Mark gefordert hatte, äußerte sich zufrieden. "Natürlich geht es ums Geld. Ich bin Berufsboxer. Der normale Bürger in der Halle und vor dem Fernseher bezahlt mich. Was ich mit dem Geld mache, geht niemanden etwas an", beantwortete er mit typisch "Berliner Schnauze" die Geld-Fragen. Auch die Fans müssen tiefer als sonst in die Taschen greifen. Die Tickets kosten zwischen 100 und 2 000 Mark. Die Veranstalter rechnen mit 13 000 Zuschauern und ausverkaufter Halle

"Rocky" stand beim Ballyhoo in einem Hotelsaal ganz klar im Mittelpunkt des Interesses von mehr als 100 Medienvertretern. "Ich bin ausgeruht. Das Alter wird in dem Kampf keine Rolle spielen", kommentierte der 36 Jahre alte Herausforderer seine lange Kampfpause von mehr als zwei Jahren. Er will sich in den kommenden drei Monaten intensiv beim amerikanischen Coach Emanuel Stewart in Detroit auf den Mega-Fight vorbereiten. Auch Dariusz Michalczewski zieht es zunächst ins Ausland. "Ich werde mit meinem Trainer Fritz Sdunek am 18. Janaur für zwei Wochen ein Trainingslager auf Gran Canaria beziehen", erklärte der 31-jährige Wahl-Hamburger.

Die Erstsenderechte besitzt erneut das Bezahlfernsehen Premiere World. Der Pay-TV-Sender (rund 2,2 Millionen Abonnenten) hatte vor dreieinhalb Jahren auch den Kampf am Hamburger Millerntor gezeigt und stellt die Neuauflage unter das Motto "Die Abrechnung". Das erste Duell "Tiger" gegen "Rocky" endete nach sieben Runden mit dem umstrittenen Urteil "Technisches Unentschieden" und der späteren Disqualifikation unter skandalösen Umständen.