Agassi wird bei US Open gnadenlos gejagt Pilic kritisiert Kiefer und Haas

New York (dpa). Dank der bärenstarken Williams-Schwestern und den Tennis-Giganten Andre Agassi und Pete Sampras dürfen die Amerikaner bei den US Open erneut von einem totalen Triumph träumen. Von den insgesamt 14 deutschen Profis sind dagegen bei dem mit 15 Millionen Dollar dotierten Grand-Slam-Turnier keine neuen Tennis-Sternstunden zu erwarten. Der ehemalige Daviscup-Kapitän Niki Pilic äußerte einen Tag vor Beginn des Spektakels in New York sogar deutliche Kritik an den Jungstars Nicolas Kiefer und Thomas Haas, die sich in diesem Jahr von Hoffnungsträgern zu Sorgenkindern entwickelt haben. "Ich bin von beiden bislang enttäuscht und erwarte auch bei den US Open nicht sehr viel von ihnen. Ich glaube, sie sind zu satt", sagte Pilic der dpa.

Pilic sieht die Jung-Millionäre, die zuletzt mehr mit Verletzungen und Trainer-Wechseln für Schlagzeilen sorgten, an einem kritischen Punkt ihrer Karriere angelangt. "Ivan Lendl oder Boris Becker haben trotz ihrer Millionen trainiert wie Hunde", sagte Pilic. Er vermisst Leidenschaft und absolutes Erfolgsstreben. Talent genügt nicht. "Sie sind an dem Punkt angekommen, an dem die Frage lautet: Sind sie Weltklassespieler, ja oder nein? 2001 wird das Jahr der Wahrheit."

Wie Anke Huber, die gegen Meilen Tu (USA) startet, zählen Kiefer und Haas nicht einmal zum erweiterten Favoritenkreis. "Man kann doch nicht übersehen, dass beide seit einem halben Jahr ihrer Form hinterher laufen", urteilte Becker, der 1989 die US Open gewann.

Haas geht in New York ohne Matchpraxis an den Start und wartete dazu mit einer überraschenden Auskunft auf. Die Rückenverletzung, wegen der er fast sechs Wochen pausieren musste, habe sich bei einer Kernspintomographie in seiner Wahlheimat Florida sogar "als leichter Bandscheibenvorfall" erwiesen. "Erst seit einigen Tagen kann ich wieder richtig trainieren", berichtete der gebürtige Hamburger.

Trotzdem will der 22-Jährige einen Kaltstart wagen. Erster Gegner ist der Brite Jamie Delgado. "Als Ungesetzter hätte ich auch direkt auf Agassi oder Sampras treffen können. Insofern ist ein Qualifikant in Runde eins ganz gut", sagte Haas. In Runde zwei könnte es zum Match gegen Daviscup-Kollege Rainer Schüttler (Bad Homburg) kommen. Am Samstag kreuzte sich bereits der Weg mit Kiefer. Haas trainierte nach seinem Landsmann im Louis-Armstrong-Stadion: Ein kräftiger Händedruck, ein kurzer Plausch und dann wünschten sich die beiden derzeit besten deutschen Spieler "alles Gute" für die US Open.

Kiefer droht als Nummer 14 der Setzliste erst im Achtelfinale in French-Open-Finalist Magnus Norman (Schweden) ein dicker Brocken. "Ich fühle mich gut", sagte der Holzmindener, der sich in New York unbedingt mit seinem Fußball-Kumpel Lothar Matthäus treffen will. "Das Telefon glüht", scherzte Bayern-Fan Kiefer. An seinen ersten Gegner Andrea Gaudenzi hat er eher schlechte Erinnerungen: Beim ATP- Turnier in St. Pölten Ende Mai knickte Kiefer im Erstrundenspiel gegen den Italiener mit dem Fuß um und musste verletzt aufgeben.

Insgesamt 14 DTB-Profis (5 Damen, 9 Herren) stehen im Hauptfeld, nachdem sich Angelika Bachmann (München), Miriam Schnitzer (Neufahrn), Greta Arn (Benrath), Christian Vinck (Halle/Westfalen) und Lars Burgsmüller (Essen) durch die Qualifikation kämpften. Als "lucky loser" kam Jens Knippschild (Oberhausen) hinzu. Besonders im Blickpunkt steht nach seinem sensationellen Einzug ins Viertelfinale von Wimbledon US-Open-Debütant Alexander Popp (Mannheim).

Andre Agassi sieht sich beim Unternehmen Titelverteidigung großer Konkurrenz ausgesetzt. Im Halbfinale könnte es zum "Showdown" mit Wimbledonsieger Sampras kommen. Aber die Liste der Titelanwärter reicht von French-Open-Sieger Gustavo Kuerten (Brasilien) bis zum zweimaligen US-Open-Champion Patrick Rafter aus Australien.

Bei den Damen scheint der mit 800 000 Dollar dotierte Titelgewinn für Venus Williams reserviert zu sein. Die 20-jährige Amerikanerin besiegte am Samstag bei ihrer Generalprobe in New Haven Monica Seles (USA) im Finale mit 6:2, 6:4. Es war der vierte Turniersieg in Folge für die Wimbledonsiegerin. "Ich wollte unbedingt mit einem Erfolg im Rücken in die US Open gehen", sagte Venus Williams. Im Endspiel ist sogar ein "Sister Act" gegen die zwei Jahre jüngere Serena möglich, die 1999 in Flushing Meadows ihren ersten Grand-Slam-Titel holte.

(RPO Archiv)
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