Leverkusen Passt Ballack ins Bayer-Spiel?

Leverkusen · Das Universum Bayer Leverkusen besteht dieser Tage aus zwei Parallelwelten. In der ersten hat das Team in der ukrainischen Kältekammer von Charkow 4:0 gewonnen und müsste bis zum Rückspiel am Donnerstag die Überheblichkeit schon mit Suppenkellen zu sich nehmen, um als zweite deutsche Mannschaft nach Borussia Mönchengladbach 1985 (5:1 und 0:4 gegen Real Madrid) nach einem derart hohen Vorsprung noch aus dem Europapokal auszuscheiden.

In dieser ersten Welt erntet Bayer von allen Seiten Lob für seine offensive, technisch versierte Spielweise. In ihr kann Trainer Jupp Heynckes in einem funktionierenden System ohne Qualitätsverlust das Personal durchtauschen, weil jeder Lauf- und Passwege kennt und der Kader hochwertige Tiefe besitzt. In dieser Welt hat sich Arturo Vidal zum besten defensiven Mittelfeldspieler der Liga entwickelt, steht Lars Bender seinem Dortmunder Zwillingsbruder Sven nur in Sachen Spielpraxis nach und kann Renato Augusto auf einer zentraleren Position endlich sein Leistungsvermögen voll an den Tag legen. Doch es gibt halt auch noch eine zweite Welt. Hier dreht sich alles um Michael Ballack.

Dabei ist es nicht von Belang, ob dieser nun spielt oder nicht. Meistens spielt er nicht, weil er seit seiner Rückkehr nach Leverkusen zweimal schwer verletzt war, weil sein Trainer ihn behutsam ans Team heranführen und zum Missfallen des 34-Jährigen nicht anders behandeln will als jeden im Kader. Die entscheidende Frage in dieser zweiten Welt ist die, ob Ballack mit seinem Spiel noch in das harmonisch ineinandergreifende Spielsystem passt. Oder ob er hinter Vidal, Simon Rolfes, Bender und Hanno Balitsch nicht längst zur Option Nummer fünf im Mittelfeld abgerutscht ist. Heynckes zögert, seinen Vertrag zu verlängern, der von Ballack läuft noch bis Sommer 2012. Es scheint schwer vorstellbar, wie eine gemeinsame Zukunft mit den dominierenden Charakteren aussehen soll. Rolfes' Wunsch, vielleicht komme man ja mal dahin, dass alle zur Normalität übergehen, wenn "Michael nicht spielt", dürfte auch in Zukunft ein frommer bleiben.

Vor dem morgigen Heimspiel (15.30 Uhr) gegen den VfB Stuttgart vereinigen sich beide Leverkusener Parallelwelten wieder einmal. Ballack hat seine Kniereizung überwunden, die am Sonntag nach seiner Nichtberücksichtigung bei Bayers 3:0 in Frankfurt tags zuvor aufgetreten war und ihn die Charkow-Reise "kostete". Er habe "mit Normalität" und Ehrgeiz" trainiert, sagte Heynckes und stellte dem "Capitano" einen Kaderplatz in Aussicht. Für die meisten Leverkusener Spieler ist das VfB-Spiel aber beileibe keine Normalität. Schließlich kehrt in Bruno Labbadia der Trainer zurück, der es in der Saison 2008/09 geschafft hatte, es sich praktisch mit jedem in der Bayer-Mannschaft zu verscherzen. "Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass es kein besonderes Spiel ist", sagt Rolfes.

(RP)
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