Viermal Gold für deutsche Rodler Das Erfolgsgeheimnis der "Trainingsgruppe Sonnenschein"

Sotschi · Die Sportwelt staunt über die Dominanz der deutschen Rodler bei Olympia, doch streng genommen hat eine Trainingsgruppe aus Berchtesgaden im Alleingang für die historische Ausbeute von vier Goldmedaillen gesorgt.

 Die deutschen Rodler waren in Sotschi nicht zu schlagen.

Die deutschen Rodler waren in Sotschi nicht zu schlagen.

Foto: afp, rix/tlr

Um 1:15 Uhr war die Harmonie in der "Trainingsgruppe Sonnenschein" wieder hergestellt. Natalie Geisenberger nahm Tobias Arlt huckepack und lief mit ihm unter dem Gejohle der Partygäste durch das Kufenstüberl. Zuvor war die Stimmung etwas angespannt gewesen, weil Geisenberger von Felix Loch eine Sektdusche abbekommen und sich daraufhin für längere Zeit auf die Toilette verzogen hatte.

"Ich dusche halt nicht gerne mit Sekt"

Doch dicke Luft ist zwischen den eng befreundeten Rodel-Assen, die am Donnerstag gemeinsam zu Gold in der Teamstaffel gerast waren, nie von langer Dauer. "Ich bin ihm nicht böse, das war nur einfach alles zu viel für mich", sagte Geisenberger dem ARD-Hörfunk: "Und ich dusche halt nicht gerne mit Sekt."

Ihre drei männlichen Trainingskollegen aus Berchtesgaden dagegen um so lieber: Immer wieder wurde Schaumwein wild durch die Gegend gespritzt. Anschließend zogen Loch, Arlt und Tobias Wendl weiter in den Sky-Club im Zentrum von Krasnaja Poljana, wo sie die Nacht zum Tage machten. Loch twitterte: "Breaking News: Schorsch ist heut Nacht vor mir heim! Yessss!" Am Morgen danach nippten sie bei der Pressekonferenz im Deutschen Haus sichtlich mitgenommen an ihrem Wasser. Die große Sause aber hatten sie sich redlich verdient.

Mit vier Goldmedaillen in vier Wettbewerben hat die "Bayern-Connection" dem Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) im Alleingang ein historisches Olympia-Ergebnis beschert. Der gemeinsame Sieg in der Teamstaffel, mit der sich Geisenberger, Loch und die Doppelsitzer Wendl/Arlt zu Doppel-Olympiasiegern von Sotschi kürten, war die Krönung einer noch nie dagewesenen Dominanz. "Das muss man sich gut einprägen, so etwas werden wir so schnell nicht wieder erleben", sagte Rodel-Ikone Georg Hackl.

Auch ausländische Journalisten fragen immer wieder nach: Was ist das Erfolgsgeheimnis der selbst ernannten "Trainingsgruppe Sonnenschein"? "Sonnenschein bedeutet, dass sie trotz des harten Trainings auch Spaß haben", erklärt Bundestrainer Norbert Loch, der nicht nur Sohn Felix, sondern auch die anderen drei seit ihrer Kindheit unter seinen Fittichen hat: "Wenn der eine mal schwächelt, dann wird er von den anderen mitgezogen."

Talent seit der Kindheit gefördert

Der Ehrgeiz im Zusammemspiel mit den herausragenden athletischen Voraussetzungen mache das Gesamtpaket beim Weltmeister-Quartett nahezu perfekt, so Loch. Hinzu kommt, dass sie ihr Talent seit ihrer Kindheit in Berchtesgaden und Königssee geformt haben, wo die Rodel-Begeisterung so groß ist wie wohl nirgendwo anders auf der Welt. "Rodeln ist dort Schulsport, zum ersten Weihnachtsfest liegt in der Regel ein Schlitten unterm Baum", sagt BSD-Sportdirektor Thomas Schwab.

Ein wichtiger Grund für die Überlegenheit von Loch und Co. ist ohne Zweifel auch das herausragende Material. Alle vier dürfen auf Hackls Schleif- und Tüftelkünste zurückgreifen, was während Olympia für einigen Ärger gesorgt hatte. Die Olympia-Zweite Tatjana Hüfner aus Friedrichroda hatte eine Ungleichbehandlung im Verband angeprangert und damit auch den seit Jahren schwelenden Streit um Materialgeheimnisse offen gelegt.

(sid)
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