TV-Doku zu den Olympischen Winterspielen "Putins Spiele" zeigt Russlands Probleme

Düsseldorf · Sie sind sein Prestige-Projekt und sollen ihn als glänzenden Staatschef im Zenit seiner Macht inszenieren: Russlands Präsident Wladimir Putin setzt große Erwartungen in die Olympischen Winterspiele in Sotschi, könnte aber bitter enttäuscht werden. Ins Blickfeld geraten nämlich auch die Probleme seines Riesenreiches. Der TV-Sender "Arte" hat am Dienstagabend die Doku "Putins Spiele" ausgestrahlt. Der Film zeigt eindrucksvoll die Schattenseiten von Olympia in Sotschi. Im MIttelpunkt stehen vor allem Korruption und Öko-Bausünden.

 Die olympischen Anlagen in Sotschi waren viel teurer als geplant.

Die olympischen Anlagen in Sotschi waren viel teurer als geplant.

Foto: ap, Pavel Golovkin

Sie sind sein Prestige-Projekt und sollen ihn als glänzenden Staatschef im Zenit seiner Macht inszenieren: Russlands Präsident Wladimir Putin setzt große Erwartungen in die Olympischen Winterspiele in Sotschi, könnte aber bitter enttäuscht werden. Ins Blickfeld geraten nämlich auch die Probleme seines Riesenreiches.

Der TV-Sender "Arte" hat am Dienstagabend die Doku "Putins Spiele" ausgestrahlt. Der Film zeigt eindrucksvoll die Schattenseiten von Olympia in Sotschi. Im MIttelpunkt stehen vor allem Korruption und Öko-Bausünden.

Wenn die teuersten Olympischen Spiele aller Zeiten am 7. Februar mit großer Fanfare eröffnen, wird Putin sich im Licht der Scheinwerfer sonnen. Er wird zeigen, wie er den etwas in die Jahre gekommenen subtropischen Bade-Ort Sotschi in ein modernes und glitzerndes Wintersportzentrum verwandelt hat. Die Kosten dafür werden sich vermutlich auf 50 Milliarden Dollar belaufen.

"Ich werde den Teilnehmern, Fans, Journalisten und allen, die die Spiele am Fernseher verfolgen, ein neues Russland zeigen - mit all seinen Facetten und Möglichkeiten", sagte Putin unlängst. Damit nichts dazwischen kommt, hat Putin Sotschi zur Festung gemacht. 37.000 Sondereinsatzkräfte sind in Alarmbereitschaft, über den Sportstätten schweben Überwachungsdrohnen, Kriegsschiffe kreuzen im Schwarzen Meer. Nach zwei Selbstmordanschlägen mit mindestens 34 Toten im südrussischen Wolgograd im Dezember wurden die Sicherheitsvorkehrungen landesweit erhöht.

Islamisten aus dem Nordkaukasus in unmittelbarer Nähe zu Sotschi haben in Videos mit Anschlägen gedroht, um das Sportereignis zu stören. Sie kämpfen für einen eigenen Staat in der russischen Kaukasus-Region. Per E-Mail gingen auch Drohungen an die Olympischen Komitees verschiedener Länder, wie etwa den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Auch wenn das Internationale Olympische Komitee (IOC) Entwarnung gab, zeigten die Reaktionen, wie groß die Verunsicherung ist. Das Auswärtige Amt rät Olympia-Besuchern, Demonstrationen und größere Menschenansammlungen zu meiden. Seit Tagen sorgen Medienberichte für Unruhe, dass die Sicherheitskräfte nach einer Frau fahnden, die einen Selbstmordanschlag plant und sich womöglich bereits in Sotschi aufhält.

Menschenrechtsgruppen als Spielverderber

Weitere Spielverderber für Putin könnten Menschenrechtsgruppen sein, die etwa zu Demonstrationen gegen die Diskriminierung von Homosexuellen aufrufen. Putin hatte im vorigen Jahr ein Gesetz in Kraft gesetzt, das die Propagierung von Homosexualität verbietet. Putins Versuch, seine Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben mit der Äußerung zum Ausdruck zu bringen, dass Russen die Musik von Elton John mögen, kam nicht gut an. Der schwule britische Sänger kritisierte das russische Gesetz umgehend als bösartig.

Auch mit Haftentlassungen des ehemaligen Ölmagnaten Michail Chodorkowski oder der Musikerinnen der Punk-Band Pussy Riot hat Putin versucht, seine Kritiker im Vorfeld der Spiele zu besänftigen. Dennoch gelten Demonstrationen gegen Demokratiedefizite in Russland als wahrscheinlich. Sie dürfen nur in speziell dafür ausgewiesenen Zonen stattfinden und werden wohl die Geduld der Sicherheitskräfte auf die Probe stellen. Ein scharfes Vorgehen gegen Proteste dürfte Putins Ansehen schaden. Mehrere Staats- und Regierungschefs, wie etwa Bundespräsident Joachim Gauck und sein französischer Kollege Francois Hollande erklärten, die Spiele nicht besuchen zu wollen. Auch wenn das Fernbleiben wie im Fall von Gauck nicht offiziell begründet wurde, wurde dies als Olympia-Boykott interpretiert.

Korruption und Öko-Bausünden

Die Lust an den Spielen trüben dürften Putin auch Berichte über Korruption, Umweltschäden, schlechte Behandlung der Bauarbeiter in den Olympia-Stätten und die Bevorzugung von Freunden des Präsidenten bei der Vergabe lukrativer Aufträge. "Die Spiele sind nichts anderes als ein monströser Betrug", sagte der frühere Minister Boris Nemzow, inzwischen einer der bekanntesten russischen Oppositionellen. Er schätzt, dass rund 30 Milliarden Dollar durch Unterschlagung und Bestechung versickert sind. Putin hat Vorwürfe über Korruption bei Olympia als Geschwätz zurückgewiesen. Auch Berichte, dass seinen Judo-Partner Arkadi und Boris Rotenberg Aufträge zugeschanzt worden seien, tut er achselzuckend ab.

Wegen Olympia mussten die Häuser von rund 1500 Familien den Bulldozern weichen. Umweltschutzorganisationen kritisieren ökologische Bausünden und die Verseuchung des Bodens. Die Arbeiter an den Olympia-Baustellen klagen über schlechte Bezahlung und miserable Arbeitsbedingungen.
"Dummerweise wird in Russland eine Menge in hoffnungslos törichter Art und Weise getan, und das hier ist keine Ausnahme", schrieb der bekannte Blogger Alexander Walow aus Sotschi.

An Putin scheint indes jegliche Kritik abzuprallen. Er stellt sie als Versuch vornehmlich des Westens dar, ihn und sein Land zu diskreditieren. "Wir verstehen es, und wir wissen es, und wir sind daran gewöhnt: Es gibt immer einige, die gegen alles sind - auch gegen Olympia", erklärte der Präsident.

(REU)
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