Eröffnungsfeier in Sotschi Presse zeigt Gnade trotz Patzer

Sotschi · Gastgeber Wladimir Putin dürfte das nicht gefallen haben: Auf seiner Party zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Sotschi lief nicht alles nach Plan. Medien in aller Welt blieben gnädig – mit Ausnahmen.

Eröffnungsfeier in Sotschi startet mit erster Panne
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Eröffnungsfeier in Sotschi startet mit erster Panne

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Gastgeber Wladimir Putin dürfte das nicht gefallen haben: Auf seiner Party zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Sotschi lief nicht alles nach Plan. Medien in aller Welt blieben gnädig — mit Ausnahmen.

Eine peinliche Panne, die die Welt nicht mitkriegen sollte, und Angst vor einem Terrorakt: Die Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Sotschi verlief nicht nach Wunsch. Putins Spiele bekamen Kratzer ab, auch wenn die knapp dreistündige Show mit Schaubildern zu Russlands Historie ansonsten durchaus gefiel.

Die russische Presse blendete den Eklat um den sich nicht öffnenden fünften olympischen Ring aus und schwärmte stattdessen von einem "Märchen" und einer "grandiosen Show". Im Ausland provozierte die missglückte Verwandlung einer Schneeflocke in das olympische Symbol Ärger. "Was für ein Schnitzer!", empörte sich der Corriere dello Sport: "Einer der fünf Olympischen Ringe öffnet sich nicht und steht so symbolisch für die 'unvollendeten' Spiele".

"Es ist peinlich"

Wenig Verständnis für die Reaktionen auf die Panne zeigte Konstantin Ernst, Künstlerischer Leiter der Veranstaltung. "Es ist peinlich", gab der exaltierte Theatermacher zu. Aber der kleine Makel sei nicht sonderlich schlimm, er habe dem Ganzen noch eine besondere Schönheit gegeben. "Dass sich die Schneeflocke nicht geöffnet hat, war wie eine kleine Kerbe an einer schönen Kugel", sagte Ernst.

Ärgerlich war indes, dass die weltweit rund drei Milliarden Zuschauer an den TV-Geräten von dem Vorfall nichts mitbekommen sollten. Die Feier wurde im Fernsehen um 15 Sekunden zeitversetzt übertragen, die Fernsehmacher konnten also noch eingreifen und schnell ein Bild aus den Proben einfügen. Das bestätigte das russische Staatsfernsehen. "Wir sollten das nicht verschweigen. Dass so etwas gemacht wird, ist doch ein offenes Geheimnis", sagte Ernst.

Zur Erleichterung aller erwies sich die angebliche Flugzeugentführung als dummer Streich eines betrunkenen Ukrainers. Als ausgerechnet im Verlaufe des Showteils über Leo Tolstois "Krieg und Frieden" sich die Nachricht unter den Zuschauern verbreitete, dass eine Maschine aus der Ukraine auf dem Weg nach Istanbul auf Sotschi gelenkt werden sollte, war die Stimmung merklich gedämpft. Die Besucher verfolgten die Entwicklung auf Twitter intensiver als das Treiben im Stadion.

Vom Zarenreich zum Völkerstaat

Dennoch konnte die kurzweilige Show, die einen angenehmen Kontrast zum sonst üblichen Gigantismus in Sotschi darstellte, beeindrucken. In 13 Schaubildern wurde Russlands Weg vom Zarenreich zum Vielvölkerstaat gezeigt, mit gelungener Abstimmung zwischen Musik und Ballett. Das Geheimnis, wer die Olympische Flamme entzündet, wurde bis zuletzt gehütet. Am Ende hüpften der legendäre Eishockey-Torwart Wladislaw Tretjak und die dreimalige Olympiasieger Irinia Rodnina mit der Fackel aus dem Stadion und entzündeten das Feuer - wenig spektakulär - auf einem schmutzigen Nebenplatz.

Mit Empörung reagierten indes die US-Amerikaner auf die Wahl von Rodnina. "Es ist keine fünf Monate her, da hat Irina Rodnina Präsident Barack Obama mit einem rassistischen Tweet verhöhnt", schrieb USA-Today. Auf der Fotomontage waren Obama und Ehefrau Michelle zu sehen, die sehnsüchtig einer Banane hinterher blickten. Kurioserweise hatte sich bei der Panne im mit 40.000 Besuchern ausverkauften Fischt-Stadion auch ausgerechnet der Ring nicht geöffnet, der Amerika symbolisieren soll. Verschwörungstheoretiker hatten ihre helle Freude.

Auffallend ambitioniert wirkte Thomas Bach auf seiner erste Eröffnungsfeier als IOC-Präsident. Der 60-Jährige lobte in seiner Rede Putin ausgiebig, sprach aber auch Missstände an - für solch einen Rahmen eher ungewöhnlich. Bach wandte sich an die vielen Regierungschefs im Stadion: "Habt den Mut, die Meinungsverschiedenheiten in einem friedlichen, direkten politischen Dialog anzusprechen und nicht auf den Schultern der Athleten auszutragen."

Verwundert reagierten vor allem ausländische Besucher über den Auftritt des russischen Pop-Duos t.A.t.u. im Vorfeld der Show. Die beiden Sängerinnen hatten international Popularität erlangt, weil sie ihre lesbische Beziehung öffentlich machten und sich für die Rechte Homosexueller einsetzten. Der Auftritt stand im krassen Gegensatz zu Putins umstrittenen Anti-Homosexuellen-Gesetz und wirkte am Ende dann doch wie ein kleines Zugeständnis des kompromisslosen Machthabers.

(sid)
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