Ukraine nimmt an Paralympics teil "Keine Garantien von Putin bekommen"

Sotschi · Nach einem Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich die Teamleitung der Ukraine für eine Teilnahme bei den Paralympics entschieden. Sollte auf der Krim Krieg ausbrechen, wird das Team Sotschi aber sofort verlassen.

 Waleri Suskewitsch hat als Präsident des paralympischen Komitees der Ukraine eine bewegende Rede gehalten.

Waleri Suskewitsch hat als Präsident des paralympischen Komitees der Ukraine eine bewegende Rede gehalten.

Foto: ap

Waleri Suskewitsch hatte Tränen in den Augen, als er die entscheidenden Sätze sprach. "Wir wollen teilnehmen — für den Frieden in der Ukraine, in Europa und der Welt", sagte der Präsident des paralympischen Komitees der Ukraine in seiner emotionalen und flammenden Rede in einem überfüllten Pressesaal in Sotschi: "Wir treten an — für eine unabhängige und freie Ukraine."

Damit war ein möglicher Boykott der 11. Winter-Paralympics (7. bis 16. März) durch die ukrainische Mannschaft wegen der Krim-Krise nur wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier vom Tisch. Suskewitsch machte aber auch unmissverständlich klar: "Sollte es zum Krieg kommen, Gott möge uns davor bewahren, werden wir in der nächsten Sekunde Sotschi verlassen."

Der Entscheidung für eine Teilnahme, der am Ende alle Athleten zustimmten, sei am Donnerstagabend ein Gespräch mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin vorausgegangen, erzählte Suskewitsch. "Ich habe 30 Minuten mit dem Präsidenten geredet, und er hat mit zugehört", sagte er: "Aber ich habe keine Garantien von ihm bekommen." Suskewitsch mache sich "Sorgen um die Zukunft unserer Nation und die territoriale Unversehrtheit der Ukraine".

Zugleich richtete er in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland einen Appell an die Verantwortlichen, dass sie die Lage nicht eskalieren lassen mögen: "Lasst uns keinen Krieg beginnen während der Paralympics. Ich bete zu Gott, dass der Frieden in Europa und der Welt erhalten bleibt. Mein Wunsch ist, dass die Ukrainer in Frieden leben können. Die paralympische Bewegung kann dazu beitragen." Sie sei eine der größten Errungenschaften der Menschheitsgeschichte.

Die Krise auf der Krim überschattet die am Samstag beginnenden Wettkämpfe in Sotschi. Russisches Militär kontrolliert seit mehreren Tagen die nur rund 450 km von Sotschi entfernte Halbinsel und hat damit nach Ansicht vieler Politiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel das Völkerrecht gebrochen. Zahlreiche Regierungen sagten deshalb aus Protest ihre Teilnahme an der Eröffnungsfeier am Freitagabend ab.

Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), hat die Entscheidung für eine Teilnahme. "Das ist ein sehr guter und mutiger Schritt", sagte Beucher dem SID: "Jetzt hat jeder hier bei den Wettkämpfen die Möglichkeit zu sagen: Wir stehen an eurer Seite."

Sir Philip Craven, Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), zeigte sich erleichtert. "Wir sind begeistert", sagte der Brite, "wir wollen, dass der Sport im Vordergrund steht und dass alle Teams teilnehmen. Wir sind zuversichtlich, dass wir fantastische Paralympics erleben werden." Das IPC habe sich über Tage darum bemüht, dass die ukrainische Mannschaft die Wettkämpfe nicht boykottiert.

Trotzdem drohen der Delegation Sanktionen. Das IPC prüft, ob die Ukrainer am Donnerstagabend bei ihrer offiziellen Willkommens-Zeremonie im olympischen Dorf gegen die olympische Charta verstoßen haben, als sie auf die Krim-Krise aufmerksam gemacht haben. Die Athleten forderten mit Sprechchören unter anderem immer wieder "Frieden für die Ukraine".

(sid)
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