Olympia 2014 Putins Spiele — der Präsident ist überall

Krasnaja Poljana · Der erste Mann Russlands zeigt sich in Sotschi und dem Bergort Krasnaja Poljana als Sportfreund und inszeniert sich als Macher.

 Wladimir Putin inszeniert sich als großer starker Mann Russlands.

Wladimir Putin inszeniert sich als großer starker Mann Russlands.

Foto: afp, ski

Wer mit der nagelneuen Seilbahn hinauf ins olympische Langlauf- und Biathlonzentrum Laura fährt, sieht auf eine Ansammlung von Holzhäusern mit grünen Dächern und Türmchen im Tal hinab. Die Zufahrt ist streng bewacht. Denn dort unten wohnt Wladimir Putin, der Präsident Russlands, der Schöpfer dieser gigantischen, rund 50 Milliarden US-Dollar teuren Spiele. Direkt hinter dem Haus gibt es eine weitere Gondel. Sie ist mit schusssicherem Glas ausgestattet und führt auf eine private Skipiste.

Obstler bei den Österreichern

Doch trotz der Dauerbewachung, erlebt Putin die Spiele hautnah. Er gibt sich gern leutselig. Etwa wenn er im Haus der Österreicher zu Gast ist und mit Obstler anstößt und zu Zillertaler Volksmusik schunkelt. Oder wenn er bei den Schweizern auf Stippvisite ist. Oder wenn er den Kanadiern im Olympic Park seine Aufwartung macht.

Putin inszeniert sich als Macher der XXI. Olympischen Winterspiele. Schließlich hat er den Austragungsort selbst ausgesucht. Und als die Spiele 2007 in Guatemala vergeben wurden, nahm er selbst — zumindest durch seine Anwesenheit — in der entscheidenden Phase Einfluss. Vor der Eröffnungsfeier heute vor zwei Wochen hatte es beharrliche Gerüchte gegeben, er selbst würde das Feuer entzünden. So war's nicht. Putin saß brav auf der Tribüne. Neben ihm die 2009 bei einem Unfall schwerverletzte ehemalige Bobfahrerin Irina Skwortsowa und Ministerpräsident Dmitri Medwedew, der wegzunicken drohte.

Wladimir Putin ist überall. In den Stadien. Bei Empfängen. Am Krankenbett der Skicrosserin Maria Komissarowa. Und zwischendurch macht er Politik. Der Kremlchef, so heißt es, steht in Dauerkontakt zu seinem ukrainischen Amtsbruder Viktor Janukowitsch, er empfing ihn auch in Sotschi. Auch in der blutigen Nacht zum Mittwoch, als in Kiew Tote zu beklagen waren, schalteten sich die beiden per Telefon kurz.

Putin schaut sich die Wettbewerbe auf den Skipisten an und genießt die Sonne im Straßencafe am Schwarzen Meer. Mit Kindern lässt er sich fotografieren. Mal trägt er knallrote Skikleidung, dann kommt er im Anzug daher. Seine Mimik lässt kaum Rückschlüsse auf seine Gedanken. Seine Züge wirken maskenhaft.

Putin sieht Aus der russischen Eishockey-Mannschaft

Das Aus für die russische Eishockey-Nationalmannschaft im Viertelfinale gegen Finnland hat er in der Bolschoi-Arena miterlebt, genau wie die Niederlage im Penalty-Schießen gegen die US-Amerikaner. Dabei hatte er Präsident vorher betont, wie wichtig ihm und dem Land Gold in der Nationalsportart ist. Er hat die Auswahl im Trainingscamp besucht, hat sich wieder und wieder auf Kufen, mit Schläger und Ausrüstung präsentiert. Dass Eiskunstläufer Jewgeni Pluschenko im Team-Wettbewerb trotz schwerer Rückenschäden noch einmal antrat, war gutem Zureden des ersten Manns im Kreml zu verdanken.

Putin trägt als Judoka den schwarzen Gürtel. Er nutzt den Sport zur Selbstdarstellung. Im Oktober findet im überdimensionierten Olympic Park von Sotschi der erste Formel-1-Grand-Prix in Russland statt. Tscheljabinsk richtet die Judo-WM aus, für 2015 lädt Kasan zur Schwimm-WM, 2016 findet die Eishockey-WM in Moskau und St. Petersburg statt, und zwei Jahre später kommt die Fußball-WM — unter anderem nach Sotschi. Erneute Milliarden-Investitionen im ganzen Land sind bis dahin nötig.

(RP)
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