Olympia-Absage der Biathletin Miriam Gössner — den Tränen folgt das Mitleid

Oberhof · Auf das Olympia-Aus von Miriam Gössner folgte in der Biathlon-Szene eine Welle des Mitleids. Auch Magdalena Neuner fühlte mit ihrer ehemaligen Zimmerkollegin.

Miriam Gössner weint nach Olympia-Absage
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Foto: dpa, Kay Nietfeld

Ihre bitteren Tränen waren gerade erst getrocknet, da erreichte Miriam Gössner eine Flut von Mitgefühl und Trost. Die komplette Biathlon-Familie litt mit der 23-Jährigen, die beim Heim-Weltcup in Oberhof wegen andauernder Schmerzen schluchzend und völlig aufgelöst ihren Olympia-Verzicht erklärt hatte.

"Das ist eine ganz bittere Entscheidung, und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie sich Miri fühlt", teilte Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner mit. Als Neuner zu ihren aktiven Zeiten noch das Geschehen der Biathlon-Welt dominierte, teilte sie sich mit ihrer guten Freundin Gössner immer wieder das Hotelzimmer. Nach guten Rennen gönnten sich die beiden Strahlefrauen auch mal einen kleinen Eierlikör - von guter Laune und Ausgelassenheit war in der schwärzestens Stunde von Gössners noch junger Karriere nichts mehr übrig geblieben.

"Aus eigener Erfahrung weiß ich aber", betonte Neuner, "dass ein Start nur Sinn macht, wenn man zu 100 Prozent fit ist." Auch deshalb gewann sie der mutigen, aber keinesfalls überraschenden Entscheidung von Gössner Respekt ab. "Sie sollte jetzt Abstand gewinnen und erst wieder zurückkommen, wenn sie komplett beschwerdefrei ist", sagte Neuner.

"Gemerkt, dass es keinen Sinn macht"

Dass Gössner knapp acht Monate nach ihrem schweren Mountainbike-Unfall mit vier gebrochenen Lendenwirbeln noch immer von Schmerzen geplagt war, offenbarte der Sprint am Freitag deutlich. "Ich habe schon dort gemerkt, dass es keinen Sinn macht", sagte Gössner: "Ich habe beim Laufen Probleme gehabt und konnte mich nicht wirklich bewegen. Ich denke, das hat man auch gesehen."

Nach einer langen Nacht des Grübelns und einem intensiven Gespräch mit dem deutschen Mannschaftsarzt Dr. Bernd Wohlfahrt reifte in Gössner dann die logische, aber für sie so traurige Entscheidung. "Wenn man ehrlich ist, will man bei Olympia um Medaillen kämpfen. Dazu bin ich derzeit nicht in der Lage", sagte Gössner im Rahmen einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz.

Vor, während und nach dem von unzähligen Journalisten verfolgten Gespräch brach die zierliche Blondine immer wieder in Tränen aus - und löste damit großes Mitleid bei ihren Kolleginnen aus.

"Das Rennen widme ich ihr"

"Als ich die Bilder gesehen habe, war ich sehr betroffen", sagte die Finnin Kaisa Mäkäräinen, die sowohl im Sprint am Freitag als auch in der Verfolgung am Samstag auf den zweiten Platz gestürmt war und ihren Erfolg der leidenden Gössner widmete. "Wir haben in der Weihnachtspause zusammen ein paar Tage bei ihrer Familie in Garmisch verbracht. Das Rennen widme ich ihr", sagte Mäkäräinen. Evi Sachenbacher-Stehle fand Gössners Verzicht "traurig. Aber alles Negative kommt irgendwann positiv zurück."

Bundestrainer Uwe Müssiggang zeigte sich nach Gössners Entschluss zwar ebenfalls betroffen, gewann der Entscheidung allerdings auch Positives ab. "Wir haben ihr bis zum Schluss alle Türen offengehalten, jetzt ist der Druck aber endlich von ihren Schultern gefallen. Wenn sie zurückkehrt, darf der Rücken aber auch kein Thema mehr sein", forderte Müssiggang.

Wann und ob Gössner in dieser Saison überhaupt nochmal einen Wettkampf bestreitet, steht sowieso noch in den Sternen. "Im Vordergrund steht jetzt, dass mit dem Rücken wieder alles gut wird und ich wieder Spaß am Laufen finde", sagte sie.

(sid)
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