Snowboarder klagen über Wind "Ich hatte Angst um mein Leben"

Pyeongchang · Die Wetterkapriolen sorgen bei Olympia für Absagen und Verschiebungen, nach Thomas Dreßen muss auch Viktoria Rebensburg warten. Den Alpinen droht ein Terminchaos, bei den Snowboardern gibt es Verletzte.

 Silje Norendal litt beim Wettkampf Todesangst. An ihren Haaren sieht man, wie windig es war.

Silje Norendal litt beim Wettkampf Todesangst. An ihren Haaren sieht man, wie windig es war.

Foto: afp

Viktoria Rebensburg saß am Montagmorgen in der Gondel hinauf zum Drachenberg, als ihre Goldmission plötzlich abgeblasen wurde. "Ich habe eine Runde gedreht mit der Gondelbahn, das passiert mir wirklich sehr selten, dass ich da sitzen bleibe", sagte Rebensburg und lachte, sie nahm die windbedingte Absage des olympischen Riesenslaloms mit Humor. Für die Spiele in Südkorea sind die Wetterkapriolen in den Bergen von Pyeongchang jedoch alles andere als ein Spaß.

Den Alpinen droht ein regelrechtes Terminchaos, die Snowboarder beklagen mehrere Verletzte und einen sehr fragwürdigen Slopestyle-Wettbewerb der Frauen. Medaillenanwärterin Silje Norendal aus Norwegen etwa war nach dem Wettbewerb mit den Nerven völlig am Ende. "Ich war sehr irritiert darüber, dass das Finale gefahren wurde", sagte sie und berichtete unter Tränen: "Ich wollte mich einfach da oben nur noch hinsetzen und weinen. Mein Körper hat zwei Stunden lang gezittert, weil ich Angst hatte zu fahren."

Ähnlich sah es die Gewinnerin der Bronzemedaille. Enni Rukajarvi aus Finnland. "Es war ziemlich gefährlich. Man wusste nicht, was einen erwartet. Sie hätten es absagen oder verschieben sollen", sagte sie. Norendal fuhr dann doch, wurde nach einem wackeligen Vortrag Vierte und klagte bei Eurosport Norwegen: "Ich weiß gar nicht mehr, was während des Laufs passiert ist, weil ich Angst um mein Leben hatte."

Beim Einfahren für das Finale war Silvia Mittermüller (Unterhaching) von einer Böe erfasst worden, verletzte sich am Knie und musste auf ihren Start verzichten - nicht die einzige Blessur in Bokwang. Für Mittermüller ist Olympia vorbei, sie erlitt einen Meniskusriss.

"Absolut irreguläre Verhältnisse"

Die Ski-Rennläuferinnen um Rebensburg durften umkehren, ehe es für sie gefährlich wurde. Ihr Rennen soll nun am Donnerstag (10.00/13.45 Uhr OZ, 2.00/5.45 MEZ) stattfinden und die ebenfalls dorthin verschobene Abfahrt in Jeongseon (11.30 Uhr OZ, 3.30 Uhr MEZ) einrahmen. Zwei Olympia-Rennen an einem Tag, das gab es zuletzt 2006 in Turin. Doch weil der starke Wind bei Temperaturen bis minus 25 Grad laut OK-Sprecher Sung Baik You bis Mittwoch anhalten wird, droht weiteres Ungemach. Für Dienstag war die Männer-Kombination, für Mittwoch der Slalom der Frauen geplant.

Olympia 2018: Wind fegt über die Riesenslalom-Strecke
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Wind fegt über die Riesenslalom-Strecke

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"Es ist schade, ich wäre wirklich sehr gerne ein Rennen gefahren. Aber wichtig ist, dass die Bedingungen gut sind und fair für alle", sagte Rebensburg. DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier sprach von "absolut irregulären Verhältnissen, da kann man leider nichts machen, aber das musste man verschieben". Das verstand der letzte Zweifler spätestens, als eine TV-Kamera im Zielraum aus mehreren Metern Höhe zu Boden krachte. Augenzeugen zufolge wurde dabei niemand verletzt.

Anders bei den Snowboardern in Bokwang, wo Mittermüller sich am Knie weh tat. Die 34-Jährige war trotz Fiebers an den Start gegangen, um sich ihren Olympia-Traum zu erfüllen, doch im letzten Trainingslauf erwischte sie eine Windböe. Auch Tess Coady (Australien), die einen Kreuzbandriss erlitt, und der Niederländer Niek van der Velden (Oberarmbruch) führten ihre Stürze auf den Wind im Phoenix Snow Park zurück.

IOC: Verbände sind verantwortlich

Das IOC wies die Verantwortung dafür zurück, für die Durchführung der Wettbewerbe seien die jeweiligen Weltverbände zuständig. Der Internationale Skiverband, dem die Snowboarder untergeordnet sind, verwies darauf, dass die Slopestyle-Qualifikation wegen Windes abgesagt wurde.

Rebensburg verzichtete am Montag aufs Skifahren, oben am Berg sei es "eh so windig", sagte sie. Stattdessen stand Regeneration auf ihrem Programm. Mancher Alpine fühlt sich bereits an Nagano 1998 erinnert, als das Wetter für teils chaotische Zustände gesorgt hatte. Gleich an zwei Tagen wurden damals zwei Goldmedaillen ausgefahren. Noch schlimmer kam es bei der WM 1993 in Morioka, ebenfalls Japan: Nach mehreren Verschiebungen konnte der Super-G der Männer nicht mehr ausgetragen werden und wurde ersatzlos gestrichen.

Immerhin: Ab Donnerstang soll es in Pyeongchang wärmer werden.

(sid)
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