Olympias Internet-Stars Schweizer Freestyler begeistern mit ihren Video-Stunts

Düsseldorf/Pyeongchang · Würden die Olympischen Spiele im Netz entschieden, könnte man sie wohl vorzeitig beenden und die Schweiz zum Sieger erklären. Die Ski-Freestyler aus der Alpenrepublik haben mit ihren witzigen Stunts jetzt schon den zweiten viralen Internet-Hit der Spiele gelandet.

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Foto: ap, DL

Wie gut die Laune im gesamten Team der Schweizer Freeskifahrer in Südkorea ist, zeigen die neuesten Aufnahmen. Slopestyler Fabian Bösch (20) etwa ist an einer Rolltreppe hängend zu sehen. Anstatt wie ein normaler Mensch die rollenden Stufen zu nutzen, hält sich Bösch unter voller Körperspannung am Handlauf neben den Stufen fest. "Nach 20 Jahren konnte ich immer noch nicht herausfinden, wie das Ding funktioniert! Mache ich das richtig?", kommentierte er augenzwinkernd. Zusammen mit einem Teamkollegen hat er auch eine Persiflage auf den Film "Cool Runnings" gepostet. Zu sehen sind die beiden bei einer "Bobfahrt" — durch eine Tiefgarage. Das Duo flitzt in einem herkömmlichen Hubwagen eine Rampe herunter. Die Videos wurden innerhalb weniger Tage hunderttausendfach angesehen.

Die Schweizer Freestyler wissen allerdings auch, wie man spektakuläre Aufnahmen unter die Leute bringt — der Andre Rigletti könnte jedenfalls wertvolle Tipps gegeben haben. Anderen den Atem zu rauben ist sein das liebste Hobby des 19-Jährigen. Auf Youtube veröffentlicht er regelmäßig Videos, die ihn bei sagenhaften Akrobatik-Einlagen auf und neben der Piste zeigen. Nun greift er nach Olympia-Gold.

Als Blondschopf mit knallroten Wangen blickt Andri Ragettli auf einem seiner ersten Videos in die Kamera. Der schelmische Blick des damals Zwölfjährigen lässt erahnen, dass wenig später Außergewöhnliches zu sehen sein wird: Er fährt über steile Pisten. Mit Skiern an den Füßen wirbelt und rotiert er dann dutzende Meter durch die Luft. Heute, sieben Jahre später, ist der Schweizer erfolgreicher Video-Blogger und Profi-Freestyler. Sein meistgeklicktes Video ging vor wenigen Monaten um die Welt

Eine Turnhalle in Graubünden. Ragettli trägt keinen Skianzug, sondern Shorts, ein graues Shirt und eine Kappe auf dem Kopf. Er steht vor einem Hindernisparcours. "Gleichgewichts-Training extrem" heißt das Video. Es folgt, was versprochen wird: Der 19-Jährige balanciert auf Schwebebalken, überspringt Kästen aus dem Stand, läuft auf Rollen und schlägt Rückwärtssaltos. Die britische Zeitung "Daily Mirror" kommentierte mit einem Wort: "Unglaublich!". Der Youtube-Kanal von Ragettli wächst und wächst. Fast zwei Millionen Menschen haben seine Videos bereits angesehen.

Ragletti stand als erster Skifahrer den "Quad Cork 1800 Safety Grab"

Dass aus Ragettli ein Bewegungstalent werden wurde, liegt wohl auch darin begründet, wo er seine Kindheit verbracht hat. Aufgewachsen ist er in Laax in der Schweiz. Die Gemeinde liegt im Kanton Graubünden. Ein Eldorado für Skifahrer: Schneeparks, Hänge und Buckelpisten laden zum Austoben ein. Die Einladung nahm Ragettli bereits im Alter von zwei Jahren an, da stand er zum ersten Mal auf Skiern. "Die ersten Jahre bin ich normal gefahren", erklärt er in einem seiner Videos, "mit zehn Jahren habe ich mich für den Freestyle entschieden. Und dann hat alles begonnen".

Mit jedem Event, bei dem der Schweizer gestartet ist, stieg sein Bekanntheitsgrad in der Szene. Sein Debüt im Weltcup gab er im August 2013. Spätestens sein Auftritt in Südtirol dann hob ihn in die Riege der besten Profi-Ski-Artisten — 2017 gelang ihm, was nie zuvor ein Skifahrer geschafft hatte: Ragettli flog 35 Meter weit. In der Luft zeigte er vier Rückwärtssaltos in Folge und kombinierte dazu fünf Drehungen um die eigene Achse. Oder im Fachjargon: Der damals 18-Jährige stand als erster Athlet der Welt den "Quad Cork 1800 Safety Grab". Die Show geht derzeit weiter, und zwar in Pyeongchang.

Die Schweizer können aber nicht nur Show machen und virale Hits landen. Das Team tritt bei den Olympischen Spielen als Mit-Favorit im Slopestyle an. Und Ragettli ist sogar der Topfavorit im Wettbewerb der Freestyler.

In drei Rennen dieser Wintersaison fuhr er gleich dreimal aufs Podest. Beim wichtigsten Extremsportevent, den "Winter-X-Games" in Aspen, holte er in diesem Jahr Bronze. Der Schweizer entschied auch die Weltcupwertung im Slopestyle für sich. "Wenn ich an der Startlinie stehe, habe ich nur das Gewinnen im Kopf", sagt Ragettli. In Pyeongchang hat er deswegen nicht nur "rosige Aussichten" auf eine Medaille, wie es das Schweizer Team "Swiss Olympic" vor den Wettbewerben formulierte, es sind goldene.

(ball)
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