Dreifachtriumph der Kombinierer Hermann Weinbuch - der Medaillen-Macher

Düsseldorf/Pyeongchang · Den Kombinierern gelingt in Pyeongchang ein Dreifach-Triumph. Vater dieses und aller Erfolge der vergangenen Jahre ist Hermann Weinbuch. Der Bayer ist seit 1996 Bundestrainer. Seine größte Qualität: Stars zu einem Team zu formen.

 Bundestrainer Hermann Weinbuch sitzt am 29. Januar 2017 beim Weltcup der Nordischen Kombinierer im österreichischen Seefeld entspannt im Sessellift.

Bundestrainer Hermann Weinbuch sitzt am 29. Januar 2017 beim Weltcup der Nordischen Kombinierer im österreichischen Seefeld entspannt im Sessellift.

Foto: Imago

Johannes Rydzek, Fabian Rießle und Eric Frenzel fehlen noch ein paar Meter bis zu Gold, Silber und Bronze, da brechen auf einem Hügel im Hintergrund alle Dämme. Hermann Weinbuch, Bundestrainer der Nordischen Kombinierer, und sein Co-Trainer Ronny Ackermann springen sich am Rand der Strecke in die Arme und tollen herum wie kleine Kinder. Der olympische Dreifachtriumph ihrer Schützlinge ist der Höhepunkt ihrer Arbeit. Ein i-Tüpfelchen auf die 22 Jahre, die Weinbuch inzwischen Bundestrainer ist. Weil das deutsche Trio eben für das steht, was Weinbuchs größte Qualität beschreibt: Mit Stars auch als Team erfolgreich zu sein, nicht nur mit Stars als Individuen.

"Wir Trainer waren schon nervös vor dem Rennen, wir mussten mehrmals auf die Toilette", sagt Weinbuch in der ARD. Der Oberbayer ist keiner, der krampfhaft vermitteln will, mit 57 alles schon erlebt zu haben in der Kombination. Alles zu wissen. Alles besser zu wissen. Er, der in den 1980ern selbst dreimal Weltmeister in dieser Disziplin war, registriert Entwicklungen in der Sportart, erkennt Trends früher als andere und passt das Training entsprechend an. "Du musst die Trainerkollegen in den Stützpunkten genauso im Boot haben wie die Athleten. Und du musst Vertrauen schaffen. Wenn das gelingt, braucht man kaum noch Psychologie", erklärt Weinbuch.

Dabei ist er auf dem Feld der Psychologie sehr erfolgreich. Er muss es sein, denn er meistert seit Jahren die Aufgabe, in Rydzek und Frenzel zwei Ausnahmekönner in ein Team einzubetten. Rydzek, den Vierfach-Weltmeister im Februar 2017 in Lahti, und Frenzel, den zweimaligen Olympiasieger und fünfmaligen Gesamtweltcupsieger. Stars auf ein Ziel einzuschwören, Egoismen großer Egos hintenanzustellen, das ist Weinbuchs größter Verdienst. "Du musst als Trainer vorsichtig sein. Im Kampf um sportliche Erfolge wie zwischen Rydzek und Frenzel beziehe ich keine Position", sagt er.

Dass das Miteinander von zwei Alphatieren nicht einfach ist, verschweigt er nicht. "Im Herbst wollte sich jeder gegenüber dem anderen einen Vorteil erarbeiten, man hat sich schon sehr belauert. Das hat uns nicht unbedingt nach vorne gebracht, man kann so etwas aber nicht verhindern", sagt Weinbuch, für den der Verband 2011 eigens den Posten des Cheftrainers schuf, um ihn davon abzubringen, als Bundestrainer aufzuhören.

48 Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften kann Weinbuch seit Dienstag unter seiner Regie vorweisen. Den TV-Zuschauern wird er bei den Spielen 2006 in Turin bekannt, als er beim sich anbahnenden Sieg von Georg Hettich aufgeregt den Hügel herunterrennt. "Der Schorsch geht ab", ruft er in sein Funkgerät, "ich glaub's nicht. Der Schorsch wird Olympiasieger." Der Rest ist damals lautes Juchzen. Über Fahnenträger Frenzel sagt er nach dessen Goldmedaille von der Normalschanze in Pyeongchang: "Er ist kein normaler Mensch." Frenzel wiederum gibt über Weinbuch zu Protokoll: "Er kann auch mal lauter werden und einen in seinem bayerischen Dialekt anraunzen."

Mindestens ein Jahr länger wird Weinbuch weiterraunzen können, denn er hat seinen Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert, und das per Handschlag - wie seit 2011 üblich. Er kann selbst entscheiden, wann er aufhört, auch weil er längst weiß, wer auf ihn folgt: Ackermann, viermaliger Weltmeister - unter Weinbuch. Der 40-Jährige will aber noch nichts von einer Staffelübergabe wissen. "Von Hermann kann man noch viel lernen", sagt der Thüringer. "Hermann hat die Nordische Kombination wie kein anderer geprägt."

Wenn Weinbuch dann doch mal aufhört, würde er gerne in anderer Position weitermachen. Als Stützpunktkoordinator, zum Beispiel. "Da könnte man dafür sorgen, dass die Quelle an Top-Kombinierern nicht versiegt", sagt er. Sein Sohn hat im Grundschulalter auch mit der Kombination angefangen. Wenn Weinbuch seinem Junior irgendwann mal die Wichtigkeit von Teamgeist vermitteln will, liefert ihm der Triumph von Dienstag gleich zwei Bilder. Zum einen das, auf dem sich die drei deutschen Medaillengewinner direkt hinter dem Zielstrich umarmen. Oder das von Vinzenz Geiger, der als Siebter ins Ziel kommt und sich schon vor der Ziellinie freut. Warum? "Weil ich auf der Leinwand gesehen habe, dass die Jungs die ersten drei Plätze belegt haben."

(klü)
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