Ole Einar Björndalen wird 40 Der "Kannibale" vor seinen letzten Beutezügen

Oslo/Berlin · In Sotschi bestreitet Biathlon-Rekordweltmeister Ole Einar Björndalen seine sechsten und letzten Olympischen Spiele. Vorher wird der Norweger am Montag 40 Jahre alt.

 Ole Einar Björndalen wird 40.

Ole Einar Björndalen wird 40.

Foto: dpa, Filip Singer

Es gibt viele Geschichten über den eigenwilligen Ole Einar Björndalen. Einmal hat er in einem Hotel in Antholz zwei Wochen im unbequemen Vorraum einer Sauna geschlafen, weil schon alle Betten belegt waren. Der Norweger wollte wegen der Höhenlage unbedingt in genau diesem Hotel übernachten, verzichtete dafür auf jeden Luxus. Der Erfolg ging für den Biathlon-Rekordweltmeister immer vor. Auch vor seinem 40. Geburtstag am Montag hat sich daran nichts geändert.

"Der Kannibale" wurde er einst von den Medien seines Heimatlandes getauft. Sein Siegeshunger war und ist unstillbar, deswegen greift er bei seiner sechsten Olympiateilnahme in knapp zwei Wochen in Sotschi erneut nach den Medaillen. "Ich habe noch Hunger auf Titel", sagte der Altmeister.

Es wird das letzte Mal sein, dass er auf der ganz großen Bühne auftritt. "Wahrscheinlich wird das auch meine letzte Saison im Weltcup, meine letzten Olympischen Spiele werden es auf jeden Fall sein", sagte der norwegische Volksheld.

Ganz nebenbei könnte er dort seinen großen Landsmann Björn Daehlie als erfolgreichster Athlet in der Geschichte der Winterspiele ablösen. Björndalen kommt derzeit auf sechsmal Gold, viermal Silber und einmal Bronze und hätte den Langläufer Daehlie (8/4/0) mit zwei weiteren Olympiasiegen überflügelt - unmöglich ist das nicht.

Björndalen, gerne auch "der Außerirdische" genannt, ist aus dem Biathlonzirkus eigentlich nicht wegzudenken. Über zwei Jahrzehnte gab er in der Szene den Takt vor und stellte Rekorde für die Ewigkeit auf. "Björndalen einholen? Das ist unmöglich!", sagt sein Landsmann Emil Hegle Svendsen. Der Olympia-Favorit hatte in Ruhpolding Anfang des Monats seinen 35. Weltcupsieg gefeiert und war damit zum drittbesten Skijäger der Geschichte aufgestiegen.

Doch Björndalen ("Ich fühle mich nicht alt!") hat unglaubliche 93 Siege auf dem Konto, dazu kommen neben sechs Gesamtweltcupsiegen unter anderem 19 WM-Titel und sechs Olympiatriumphe. In Lillehammer 1994 gehörte er erstmals zum Olympiateam der Norweger und wurde fortan zur festen Größe, 2010 holte er mit der Staffel sein bislang letztes Gold. Damit es nicht das endgültig letzte bleibt, hat sich Björndalen noch einmal in Topform gebracht.

Fast wie in besten Zeiten gleitet er momentan über die Loipen, Anfang des Monats wurde der Gesamtweltcup-Fünfte in Oberhof im Sprint und in der Verfolgung zweimal Zweiter und zog sich in den letzten Tagen ins Training nach Südtirol zurück. Für den Perfektionisten, der als einziger aktiver Biathlet auch ein Rennen im Langlauf-Weltcup gewinnen konnte, soll beim Saison-Höhepunkt wieder alles passen.

Auch deswegen arbeitet er seit Jahren auf eigene Kosten mit seinem persönlichen Mentaltrainer Oyvind Hammer zusammen. Der ist nicht nur Vortragsredner, sondern von Haus aus eigentlich Staubsaugervertreter und hilft Björndalen, auch im hohen Sportleralter mental fit zu bleiben.

Apropos Staubsauger: Seinen eigenen hat der Hygienefanatiker genau wie Desinfektionsmittel auf Reisen immer im Gepäck. "Alles muss sauber sein", sagt Björndalen. Aus Angst vor Bakterien meidet er vor wichtigen Wettkämpfen öffentliche Orte wie Flughäfen und schüttelt aus Angst vor Viren niemandem die Hand.

"Für mich ist das wie eine Sucht", sagt Björndalen zu seine Anstrengungen, immer der Beste sein zu wollen. Und so ist er auch heute noch äußerst zerknirscht, wenn es mal nicht zu einem Triumph reicht: "Für mich zählt nur der Sieg, alles andere ist keine Platzierung. Das ist im Sport nun mal so."

(sid)
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