Eiskunstlauf-Star muss verletzt passen Russland leidet mit Jewgeni Pluschenko

Sotschi · Das verletzungsbedingte Karriere-Ende von Eiskunstlauf-Superstar Jewgeni Pluschenko hat im russischen Riesenreich und auch bei seinen ehemaligen Konkurrenten überwiegend Betroffenheit ausgelöst. Aber es gab auch kritische Stimmen.

Jewgeni Pluschenko gibt auf und beendet Karriere
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Als seine Konkurrenten die Medaillen im Iceberg Skating Palace unter sich ausmachten, hatte Jewgeni Pluschenko die Olympiastadt Sotschi bereits verlassen — und die Eislauf-Nation Russland mit seinem verletzungsbedingten Karriereende bis ins Mark erschüttert.

Was mit schluchzenden weiblichen Volunteers in der Eishalle begann, fand am Tag danach mit hochemotionalen Presse-Schlagzeilen seine Fortsetzung. Sowjetski Sport drückte am kräftigsten auf die Tränendrüse: "Eine große Karriere endet mit einer wahrlich menschlichen Tragödie."

Dabei hätte dem Superstar der Olympia-Ausstieg wegen Rückenbeschwerden vor laufenden Fernsehkameras möglicherweise erspart werden können. Nach Informationen des Moskauer TV-Senders NTV habe der 31-Jährige, der zu Beginn der Spiele Team-Gold gewonnen hatte, um eine rechtzeitige Abmeldung vor dem Einzelwettbewerb gebeten. Doch da Ersatzmann Maxim Kowtun nicht aufzufinden war, ließ sich der Ex-Weltmeister angeblich von den russischen Funktionären zu einem Start überreden.

Leichte Lähmungserscheinungen bei Pluschenko

Doch während des Einlaufens zum Kurzprogramm schoss dem Olympiasieger ein übler Schmerz in den Rücken, die mehrfach operierte Bandscheibe sorgte sogar für leichte Lähmungserscheinungen in den Beinen. Pluschenko schüttelte den Kopf und erklärte nach Absprache mit Trainer Alexej Mischin seinen Verzicht.

Dass der Routinier bis zur letzten Minute an seine sportliche Chance geglaubt hatte, daran zweifelte kaum einer seiner Konkurrenten: "Ich habe das Feuer in seinen Augen gesehen", sagte Jason Brown aus den USA und der französische Ex-Weltmeister Brian Joubert schlug in dieselbe Kerbe: "Er wollte unbedingt, das hat man gemerkt. Aber es ist gut, dass er auf seinen Körper gehört hat. Es gibt schließlich ein Leben nach dem Eiskunstlauf."

Diese Zukunft abseits internationaler Eis-Championate soll beginnen, sobald Publikumsliebling "Schenja" seine Blessuren auskuriert hat. Schließlich ist Pluschenko schon seit sechs Jahren in Russland auch eine gesellschaftliche Größe. Seinerzeit half er an der Seite von Popsänger Dima Bilan auf Schlittschuhen mit, den Sieg im Eurovision Song Contest in seine Heimat zu holen.

Die VIP-Vermarktung liegt dabei in den wohlmanikürten Händen seiner zweiten Ehefrau Jana Rudkowskaja. Sollte der millionenschwere Blondschopf doch noch einmal die Schlittschuhe anziehen, steht ihm weiterhin sein langjähriger Manager Ari Sakarjan zur Seite.

Aber Pluschenko wurde nicht nur Mitleid entgegengebracht, es gab auch Kritik. So prangerte "Kommersant Daily" an, Pluschenko habe seinen Schmerzen zu wenig Beachtung geschenkt und sei nach dem Erfolg im Teamwettbewerb zu euphorisch gewesen. Anscheinend fast noch schlimmer für das Blatt: "Jetzt kämpfen nur noch Ausländer um die Medaillen."

Einer von ihnen, der Tscheche Tomas Verner, sah in Pluschenkos Abschied alles andere als eine Tragödie. Er kritisierte: "Schade, dass er nicht einfach gesagt hat: 'Jungs, ich bin müde, lasst lieber einen Anderen starten."

(sid)
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