Bob-König nahezu unschlagbar Francesco Friedrich greift erneut nach Doppel-Gold

Düsseldorf · Francesco Friedrich dominiert die Bob-Szene fast nach Belieben. Die Jagd nach immer neuen Bestmarken treiben den 31-Jährigen an. Bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking will er nun erneut zwei Olympiasiege feiern.

 Francesco Friedrich.

Francesco Friedrich.

Foto: dpa/Tobias Hase

16 Rennen, 14 Siege - die bisherige Saison von Francesco Friedrich war nahezu perfekt. Mal wieder. Der 31-Jährige steuert den Zweier- und Viererbob seit Jahren auf einem Niveau, das kein anderer Pilot dauerhaft erreicht. Dass er dennoch nicht unbesiegbar ist, haben die zwei kleinen Makel in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Peking (4. bis 20. Februar) gezeigt.

„Das ist ein Warnschuss für uns, wir haben zu viele Fehler gemacht, und dann wird man in so einem Top-Feld bestraft“, sagte Bundestrainer Spies nach dem Rennen im Zweierbob in Sigulda, bei dem Friedrich nur Zwölfter wurde. Am Neujahrstag waren dem Bob-Dominator ungewöhnlich viele Fehler unterlaufen. „Das ist auch eine Warnung für Olympia. Wir müssen sehen, dass wir bei den Spielen alles abrufen und Fehler vermeiden, um am Ende um die Medaillen kämpfen zu können.“

Und auch die Generalprobe vor der Reise nach Peking misslang. Im letzten Viererbob-Weltcuprennen der Saison musste Friedrich die erste Niederlage hinnehmen. Der Lette Oskars Kibermanis schnappte ihm den Sieg und achten EM-Titel weg.

Ganz so dramatisch wie Bundestrainer Spies sieht Friedrich, den alle nur „Franz“ nennen, seine zwei Niederlagen allerdings nicht. Im Gegenteil. „Wir müssen uns gar keine Sorgen machen“, sagte der Sachse nach der knapp verpassten perfekten Vierer-Saison. Die Saison habe gezeigt, dass man „gut in Schuss“ und „gut vorbereitet für drüben“ sei. Von Selbstzweifeln keine Spur. Vielmehr scheint das Selbstvertrauen fast grenzenlos. Warum auch nicht?

Beweisen muss Friedrich, der seit 2017 im Zweier und Vierer bei Großereignissen ungeschlagen ist, niemanden mehr etwas. Höchstens sich selber. Denn selbst immer neue Bestmarken und Titel lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Friedrich ist von Rekorden für die Ewigkeit fasziniert. „Es ist natürlich toll, zu gewinnen, aber ich hake Erfolge auch schnell ab und denke weiter“, sagte er mal und unterstrich damit sein rastloses Streben nach Siegen. Der nächste Erfolg ist der Wichtigste. Selbst dann, wenn man schon alles gewonnen hat. „Er möchte sich immer in allen Punkten verbessern, möchte besser sein als alle anderen“, sagte Spies.

Seinen ersten WM-Titel gewann Friedrich 2013 als jüngster Pilot aller Zeiten. Er war damals 22 Jahre und 270 Tage alt. Mittlerweile ist er mit elf Titeln im Zweier- und Viererbob Rekordweltmeister. Hinzu kommen 66 Weltcup-Triumphe. Im Januar 2021 übertraf er mit seinem mit seinem 46. Erfolg im Zweier-Bob die bisherige Bestmarke von André Lange.

Das soll aber längst nicht die letzten Bestmarken sein. Ein weiterer Antrieb von Friedrich: In Peking Jagd der Doppel-Olympiasieger von 2018 seine Goldmedaillen Nummer drei und vier. Darauf sind alle Planungen ausgerichtet. Triumphiert er wie in Pyeongchang doppelt, würde er auch den Gold-Rekord von Lange einstellen. Um diese Zahl auch noch zu übertreffen, müsste Friedrich allerdings in jedem Fall bis Olympia 2026 weitermachen. „Vielleicht raffe ich mich ja dazu auf“, sagte er dem ZDF - und schickte damit zugleich eine Warnung an die Konkurrenz.

Abheben tut der gebürtige Pirnaer trotz seiner Erfolge nicht. Vielmehr setzt Friedrich sich für den Fortschritt des Bobsports ein. Dabei hat er nicht nur die Förderung von deutschen Talenten im Blick. Selbst wenn dadurch ein ernstzunehmender Konkurrent profitiert. Denn Friedrich unterstützt ausgerechnet den Österreicher Benjamin Maier, der seitdem mit einem „Team-Friedrich“-Aufkleber auf dem Bob fährt. „Es dient dem Bobfahren nicht, wenn wir in Deutschland mit unseren technologischen Möglichkeiten und der staatlichen Förderung in einer eigenen Liga fahren und damit unerreichbar für die anderen Nationen. Wir brauchen spannende Wettkämpfe mit vielen Athleten auf Spitzen-Niveau“, sagte Friedrich. Konkurrenz belebt das Geschäft und hält die Spannung hoch. Das weiß auch der nahezu Unschlagbare.

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Foto: dpa/Mayk Wendt

Für den vielleicht größten Höhepunkt seiner Karriere überlässt Friedrich daher nichts dem Zufall. Auch für die nagelneue Bobbahn in Peking wird sich der zweifache Familienvater gewiss etwas einfallen lassen, um wieder die Nummer eins in der Rinne zu sein. Denn nur im Eiskanal Leistung abzurufen, reicht heute nicht mehr aus. Friedrich achtet auf jedes Detail. Der athletische Formaufbau ist dabei mindestens genauso wichtig wie die aufwendigen Materialtests. Das Tüfteln am Bob und Material ist sein Hobby. „Er ist wirklich ein Verrückter. Aber nicht ein Verrückter im negativen Sinne, sondern im positiven Sinne. Was er an Materialtests macht, ist ja schon Wahnsinn. Ich denke, das ist genau der Tüftler, der sowohl an seinem Körper tüftelt - wie er das letzte Quäntchen rausholen kann - und am Material“, erklärte Altenbergs Bobbahn-Chef Jens Morgenstern gegenüber dem MDR das Phänomen Friedrich.

Eine Sache, die er nicht beeinflussen konnte, war die Wahl des deutschen Fahnenträger-Duos bei den Winterspielen. Gemeinsam mit Rekord-Olympionikin Claudia Pechstein führt Friedrich das deutsche Olympia-Team bei der Eröffnungsfeier in Peking als Fahnenträger an.  „Die Fahne tragen zu dürfen, ist ein Ritterschlag, gigantisch, phänomenal“, sagte Friedrich: „Es ist eine riesengroße Ehre.“

(old)
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