Dopingfall Sachenbacher-Stehle Olympiasieger Loch: "Sowas darf einem Sportler nicht passieren"

Sotschi · Finger weg! So lautet die unmissverständliche Empfehlung der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) im Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel im Sport.

Evi Sachenbacher-Stehle: Finger weg von Nahrungsergänzungsmitteln
Foto: dpa, fux

Auf die Gefahr einer Verunreinigung bei diesen Produkten werden die Athleten auf vielen Wegen informiert. Warum aber sind die Energieriegel, Brausetabletten und Kapseln im Leistungssport dennoch so verbreitet?

Die dreimalige Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch erklärte dem SID, dass es "für uns Sportler immer wahnsinnig schwierig" ist, weil "wir immer viele Zusatzpräparate nehmen müssen, um den Haushalt im Gleichgewicht zu halten". Deswegen gebe es "leider die Gefahr, dass man etwas Verunreinigtes erwischt". Genau das sei nun offenbar Biathlon-Umsteigerin Evi Sachenbacher-Stehle bei Olympia in Sotschi passiert, so der alpine Ski-Star: "Das ist einfach riesengroßes Pech."

Dopingfall Evi Sachenbacher-Stehle: die Reaktionen
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"So etwas darf nicht passieren"

Andere nennen es fahrlässig. "Wenn es wirklich diese Riegelgeschichte ist, ist es ganz bitter. So etwas darf einem Sportler nicht passieren", sagte Doppel-Olympiasieger Felix Loch. Der Rodler, der zur Schlussfeier am Sonntag als Fahnenträger die deutsche Mannschaft ins Stadion führt, verzichtet nach eigener Aussage völlig auf Nahrungsergänzungsmittel: "Ich nehme gar nichts, habe da nie so den Bezug zu gehabt. Wenn ich beim Radfahren bin, habe ich eine Banane dabei. Ich habe auch niemanden, von dem ich etwas beziehe."

Das ist bei anderen Sportlern anders. Die frühere Biathlon-Olympiasiegerin Kati Wilhelm verriet auf sportschau.de, dass man als Athlet immer versuche, "sich auf legalem Weg einen kleinen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen", manch einer auch durch Hilfe "außerhalb der Mannschaft".

Spätestens dann steigt das Risiko, das zeigt das Beispiel Sachenbacher-Stehle, die bei der IOC-Anhörung zu Protokoll gab, auch Zusätze zu sich genommen zu haben, die von ihrem persönlichen Betreuer und Ernährungsberater ohne Verbindung zum DOSB als unbedenklich eingestuft worden waren. Weltweit sind aus dem vergangenen Jahr etwa 400 Doping-Fälle im Zusammenhang mit verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln bekannt, darunter der des ehemaligen 100-m-Weltrekordlers Asafa Powell aus Jamaika.

Umstrittene Wirkung

Nahrungsergänzungsmittel gehören, obwohl sie meist in Tabletten-, Kapsel- und Pulverform angeboten werden, nicht zur Kategorie Arznei-, sondern zu den Lebensmitteln. Die Wirkung solcher Produkte ist umstritten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hält sie bei gesunden Menschen bei einer normalen Ernährung für überflüssig.

Doch viele Leistungssportler können oder wollen nicht darauf verzichten. Athleten mit ausdauernden Anstrengungen setzen auf Ergänzungsmitteln mit vielen Kalorien. "Man kann auf dem Fahrrad eben kein Schnitzel essen", sagte Dopingexperte Hans Geyer kürzlich dem Tagesspiegel. Gefährlich seien aber vor allem die Mittel, "die Fettabbau und Muskelwachstum in kurzer Zeit versprechen".

"Kölner Liste" gibt Aufschluss

Damit Sportler nicht unwissentlich in die Dopingfalle tappen, gibt es die so genannte "Kölner Liste". Auf der sind mehrere hundert Produkte aufgezählt, die auf Dopingsubstanzen getestet wurden. Wer auf diese Nahrungsergänzungsmittel zurückgreift, reduziert das Dopingrisiko. Das Thema scheint aktueller denn je: Kurz nach Bekanntwerden des Dopingfalls Sachenbacher-Stehle war die Webseite der "Kölner Liste" nicht mehr aufzurufen. Der Server war überlastet.

Nahrungsergänzungsmittel haben aber auch eine psychische Komponente. Der wisschenschaftlich-medizinische Beirat des damaligen Deutschen Sportbundes (DSB) wies schon im Jahr 2005 darauf hin, "dass die regelmäßige Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln den Glauben an die Machbarkeit von sportlichen Leistungen durch Präparate jedweder Art fördert und damit zu einer Zunahme der Dopingmentalität beitragen kann."

(sid)
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