Deutschlands Biathlon-Königin Team Dahlmeier

Pyeongchang/Düsseldorf · Bei den Winterspielen ist die 24-jährige Laura Dahlmeier mit zwei Goldmedaillen im Biathlon die überragende Athletin. Doch es fällt ihr nach wie vor schwer, aus dem Schatten von Magdalena Neuner zu treten.

Olympia 2018: Laura Dahlmeier holt historisches Gold-Doppel
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Dahlmeier holt historisches Gold-Doppel

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Als Magdalena Neuner vor sechs Jahren ihre Karriere beendete, da war das ein wenig so, als ob der Star einer sehr, sehr erfolgreichen Seifenoper seinen Ausstieg verkündet. Neuner war dem Publikum ans Herz gewachsen. Alles ging seinen gewohnten Gang. Neuner bot die große Unterhaltungsshow am Samstagvormittag mit garantiertem Happy End. Man wusste immer, was man bekommt. Seither spielt sie nun auch abseits der Loipe ihre erfolgreichste Rolle: das Mädchen von nebenan.

Neuner, heute 31 Jahre alt, ist noch immer eine ziemlich große Nummer im Showgeschäft. Sie schreibt Bücher ("Meine liebsten Strickideen für Babys"), sie hat einen eigenen Fanartikel-Shop (die Magdalena-Neuner-Pudelmütze in Orange gibt es für 49,95 Euro), und sie ist Markenbotschafterin für verschiedene Firmen - von der Krankenkasse bis zum Hersteller von alkoholfreiem Weizenbier.

Chronologie: die größten Erfolge von Magdalena Neuner
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Laura Dahlmeier, 24, hat bei den Spielen in Pyeongchang schon zwei Goldmedaillen gewonnen. Und es spricht vieles dafür, dass es das noch nicht gewesen ist. Sie sicherte sich als erste Biathletin das olympische Double aus Sprint und Verfolgung. Bei den Männern hat das nur der große Ole Einar Björndalen aus Norwegen geschafft. "Vielleicht sieben?", sagt Dahlmeier auf die Frage nach ihren weiteren Gold-Ambitionen. Und korrigiert sich dann gleich selbst: "Ups, es sind ja nur sechs Rennen!" Im deutschen Team beobachtet man die Dahlmeier-Festspiele durchaus kritisch. "Und dann steht eben auch, wenn die Männer am Start sind, das Team D nicht für Team Dahlmeier, sondern für Team Deutschland, und das haben wir heute ganz gut gezeigt", ätzte Erik Lesser (29) am Sonntag über den Hype um Dahlmeier, nachdem Arnd Peiffer gesiegt hatte.

"Laura dominiert unseren Sport"

Es scheint keine Grenzen für die Zollwachtmeisterin aus Garmisch-Partenkirchen zu geben. Sie dominiert mit ihrem taktischen Geschick, perfekten Schießleistungen, ihrer Physis, dem Willen zum Erfolg. Die Konkurrenz ist angemessen ehrfürchtig. "Es gibt viele gute Athletinnen", findet die drittplatzierte Französin Anais Bescond, "aber Laura dominiert unseren Sport."

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An dieser Stelle könnte diese Geschichte zu Ende sein. Doch was ist, wenn der Schnee geschmolzen ist? Sportler sind heute eben auch Teil der Unterhaltungsbranche. Es bedarf einer gewissen Vermarktung, um sie einem größeren Publikum bekannt zu machen und damit sicherzustellen, dass TV-Sender bereit sind, viel Geld zu zahlen, um die Wettkämpfe auch während der normalen Saison zu übertragen. In dieser Disziplin ist Dahlmeier zurückhaltend. Sie hat Lust auf ihren Sport, auf die Geräusche drumherum eher weniger. Sie meidet den roten Teppich, so oft es geht. Sie hat wenig Interesse daran, Details aus ihrem Seelenleben mit dem Boulevard zu teilen. Man mag vor allem für Letzteres durchaus große Sympathien hegen. Nur: Lädt man jemanden jeden Samstagvormittag in sein Wohnzimmer, von dem man wenig weiß?

Kann Dahlmeier Neuner auch außerhalb des Sports beerben?

Die Tennisspielerin Angelique Kerber hat hierzulande auch mächtig Eindruck hinterlassen. Sie hat zwei Grand-Slam-Turniere (US Open und Australian Open) gewonnen und war die Nummer eins in der Weltrangliste. Kerber wird sehr geschätzt. Weil sie eine Kämpferin ist. Weil man ihr attestiert, total bodenständig zu sein. Doch in der globalen Vermarktungskette spielt sie eine untergeordnete Rolle. Sie ist eine außergewöhnliche Sportlerin, aber ebenfalls niemand für die große Showbühne.

Dahlmeier hat noch kein Buch geschrieben. Es gibt keinen Fanshop, in dem Dahlmeier-Mützen angeboten werden. Ihre Eltern, so hat sie einmal erzählt, hätten ihr früher vorm Fernseher gesagt: "Wenn du dich anstrengst, dann schaffst du es bis zum König." Spätestens mit den bisherigen Erfolgen in Südkorea ist sie zur Königin ihres Sports aufgestiegen. Aber ob sie Nachfolgerin Ihrer Majestät, Magdalena Neuner, der Ersten, wird, darüber entscheiden nicht nur sportliche Erfolge. Dazu muss sie auch die Gunst eines noch größeren Publikums außerhalb des Sports gewinnen.

(gic)
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