Interview nach Bauch-Gold Friesinger: "Das war mein Kampfgeist"

Richmond (RPO). Halbfinale im Eisschnelllauf-Team-Wettbewerb: Anni Friesinger stürzt ins Ziel. dennoch reicht es für das Finale. Dort gewinnen Stephanie Beckert, Daniela Anschütz-Thoms und Katrin Mattscherodt mit einem dramatischen Finish das zehnte deutsche Gold. Wir sprachen mit Friesinger über die entscheidenden Momente.

Annis Bauchlandung wird vergoldet
18 Bilder

Annis Bauchlandung wird vergoldet

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Anni Friesinger-Postma, vor dem Gold-Lauf des deutschen Teams haben Sie im Halbfinale für dramatische Bilder gesorgt, als Sie sich auf dem Bauch ins Ziel retteten. Was ging Ihnen da durch den Kopf?

Anni Friesinger-Postma: "Ich dachte nur: Du musst jetzt rutschen, du musst irgendwie ins Ziel krabbeln und die Zeit stoppen. Deswegen habe ich auch den Schlittschuh nach vorne gerissen, denn da steckt der Zeitmesser dran. Der Kick hat's wohl noch gebracht. Trotzdem, zu der Situation kann ich nur sagen: Bitte nie wieder! Jetzt tut mir alles weh: Hüfte, Schulter, Finger. Aber am Ende steht der Olympiasieg. In diesem Gold steckt so viel Geschichte."

Nach Ihrem Kick klopften sie erst wütend aufs Eis, bevor sie in grenzenlosen Jubel ausbrachen. Was war da los?

Friesinger-Postma: "Ich dachte, ich habe es verschissen und den Mädels alles kaputtgemacht. Dann habe ich aber auf die Anzeigentafel geschaut und die 1 gesehen. Das tat so gut. Es war ein Happy End, aber ein taffes Happy End."

Woran lag es, dass Sie in der letzten Runde aus dem Tritt gekommen sind?

Friesinger-Postma: "Die Krux lag schon in der vorletzten Kurve. Da bin ich weggebrochen. Ich habe noch nach den anderen geschaut, aber die waren schnell weg und haben auch meine verzweifelten Rufe nicht mehr gehört. Ich musste mich wieder rankämpfen. Ich habe gekämpft bis zum letzten Zentimeter."

Stört es Sie nicht, dass Sie ausgerechnet Ihr letztes Olympia-Rennen mit einer Slapstick-Einlage beendet haben?

Friesinger-Postma: "Nein, das war mein Kampfgeist: niemals aufgeben, auch wenn alle anderen auf einen draufdreschen."

Im Finale liefen Sie jedoch nicht, stattdessen war Katrin Mattscherodt dabei. Hatte das Missgeschick zu viel Kraft gekostet?

Friesinger-Postma: "Das war vorher abgesprochen. Ein Team-Wettbewerb kostet immer Kraft. Mein Knie hat auch Probleme gemacht. Katrin war noch frisch, und die Trainer hatten Vertrauen zu ihr. Wir haben da ein wenig taktiert. Es hat gereicht, das ist das Einzige, was zählt."

Wie haben Sie den nicht minder spannenden Gold-Lauf erlebt?

Friesinger-Postma: "Ich habe sie angefeuert und am Ende nur noch gehofft. Es war perfekt. Staffelrennen sind immer spannend, denn da müssen drei unterschiedliche Typen miteinander harmonieren. Das hat bei uns wunderbar geklappt. Die letzten 300 Meter im Halbfinale waren für mich schlimmer, als im Finale draußen zu sitzen."

Sind Sie nun mit den Spielen in Vancouver versöhnt, die in den Einzelrennen für Sie so enttäuschend begonnen haben?

Friesinger-Postma: "Es war für mich ein Wechselbad der Gefühle, aber am Ende waren es doch schöne Spiele mit einem tollen Abschluss. Ich habe viel Pech gehabt in dieser Saison, aber ich habe gewusst, dass diese Spiele etwas Besonderes sind und auch das Unmögliche wahr werden kann."

(SID/fb)
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