Eisschnelllauf-Teamwettbewerb Friesinger beißt sich auf die Zunge

Richmond (RPO). Anni Friesinger-Postma standen Wut und Frust ins Gesicht geschrieben, doch sie biss sich auf die Zunge. "Ich werde zur Verfügung stehen, aber die Entscheidung, ob ich laufe, obliegt anderen", sagte die 16-malige Eisschnelllauf-Weltmeisterin mit Blick auf den olympischen Teamwettbewerb am Freitag und Samstag. Dann wandte sie sich mit leerem Blick ab, ging in die Umkleidekabine und ignorierte die Nachfragen der Journalisten.

 Anni Friesinger-Postma denkt in Vancouver noch nicht ans Karriereende.

Anni Friesinger-Postma denkt in Vancouver noch nicht ans Karriereende.

Foto: ddp, ddp

Zuvor hatte sie unter den Augen von Bundestrainer Markus Eicher eine volle Trainingseinheit im Richmond Oval absolviert und dabei den Eindruck hinterlassen, als sei sie bis in die Haarspitzen motiviert. Eicher hatte die 33-Jährige nach dem 1500-m-Rennen, in dem sie nur den neunten Platz belegte, öffentlich demontiert und ihre Tauglichkeit für die Team-Verfolgung in Zweifel gezogen.

Zum äußersten Mittel griff der Bundestrainer am Dienstag aber nicht und bewahrte Friesinger-Postma damit vor der größtmöglichen Demütigung. Eicher berief die zweimalige Olympiasiegerin neben Stephanie Beckert, Daniela Anschütz-Thoms und Katrin Mattscherodt zumindest in den vierköpfigen Team-Kader und setze ihr nicht auch noch Isabell Ost vor die Nase. Die Berlinerin ist nun Ersatzläuferin, sollte eine aus dem Quartett krank werden.

"Ein gewagtes Ding"

Doch nur drei Läuferinnen gehen an den Start, und folgt man Eichers Aussagen, dürfte Friesinger-Postma nicht dabeisein. "Ich bin unsicher, ob das etwas bringt mit Anni", hatte ihr ehemaliger Privattrainer gesagt. "Im Moment", ergänzte Eicher, bevorzuge er das eingespielte Trio Anschütz-Thoms, Beckert und Mattscherodt: "Mit Anni wäre das ein gewagtes Ding. Wenn das schiefgeht, dann sagen doch alle: Ja seid ihr denn eigentlich bescheuert?"

Einen Tag später erklärte Eicher, dass sich "an der Lage grundsätzlich nichts geändert" habe, doch er war bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen: "Ich werde mir die 5000 Meter am Mittwoch anschauen und dann eine Entscheidung treffen." Dort laufen seine drei bevorzugten Starterinnen, nicht Friesinger-Postma.

Frriesinger-Postmas Manager Klaus Kärcher sagte, er akzeptiere die Entscheidung Eichers, aber dem Bundestrainer müsse klar sein: "Anni würde sich beide Beine ausreißen, um bei ihren letzten Spielen doch noch eine Medaille zu bekommen." Und der Schwabe erinnerte an die Winterspiele 2006 in Turin: "Dort hat sich Anni für das Team aufgeopfert, was ihr eine Einzelmedaille mehr kostete."

Diese These ist umstritten. Im Oval Lingotto war Friesinger-Postma an drei von vier Teamläufen zur Goldmedaille beteiligt gewesen. Danach verpasste sie allerdings über 1000 (Dritte) und 1500 Meter (Vierte) die erhofften Olympiasiege. Aus der folgenden Diskussion über die Zeitplangestaltung und die Platzierung der Teamrennen mitten im Programm zog der Weltverband ISU Konsequenzen. In Richmond beschließen die Mannschaftsläufe die Eisschnelllauf-Wettkämpfe - Friesinger-Postma hilft dies allerdings nicht mehr.

(SID/seeg)
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