Kein "klarer Fokus", kein Knaller Debakel für deutsche Snowboarder bei Olympia erfordert Aufarbeitung
Peking · Die Hoffnungsträger enttäuschen, die Snowboard-Medaillen holten andere: Statt erfüllten Gold-Träumen erleben die Race-Boarder in Peking ein Debakel.
Ein paar letzte Erinnerungsfotos aus dem Bus, dann war das Abenteuer Olympia für die deutschen Snowboard-Hoffnungen vorbei. Eine Medaille wird zu Hause niemand aus dem Handgepäck fischen. Der ambitionierte Verband erlebte ein Debakel - und benannte noch vor den abschließenden Big-Air-Wettkämpfen die Fehler. "Andere haben den Fokus klarer gesetzt. Die lassen es einfach knallen", sagte Sportdirektor Andreas Scheid dem SID.
Platz fünf für Ramona Hofmeister und das Aus in der Qualifikation für Stefan Baumeister im Parallel-Riesenslalom, Rang neun für Topfavorit Martin Nörl im Cross-Rennen: So hatte sich Snowboard Germany, laut Scheid "zu Recht" mit dem Ziel von zwei bis drei Medaillen für die Race-Boarder angereist, Olympia nicht nicht vorgestellt.
Bis in vier Jahren in Mailand/Cortina d'Ampezzo "müssen wir uns noch mehr auf die Top-Kandidaten ausrichten und für sie bessere Rahmenbedingungen und eine individuellere Betreuung schaffen", sagte Scheid. Pleiten, Pech und Pannen sorgten in Peking dafür, dass es am Ende wohl erstmals seit 2010 keinen Podestplatz geben wird.
"Jeder hat da seine eigene Story. Das darf man nicht über einen Kamm scheren", sagte Scheid. Nörl etwa hatte sich nach dem "versöhnlichen Abschied" (Scheid) mit Platz fünf im neuen Mixed-Teamwettbewerb am TV-Mikrofon ratlos präsentiert: "Ich habe hier nicht meine besten Läufe gezeigt, alles sehr unkonstant", sagte er im ZDF. Dann stapfte er ohne weiteren Kommentar davon.
Sogar im Halbzeitfazit des DOSB fanden die Snowboarder Erwähnung: Angesprochen auf die bislang größte deutsche Enttäuschung sagte Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig: "Sicherlich haben sich die Snowboard-Racer mehr Hoffnungen gemacht."
Schon nach dem Aus von Nörl, nach drei Weltcupsiegen in Folge ein klarer Medaillenkandidat, hatte Scheid kein Blatt vor den Mund genommen. "Wir bringen es nicht auf den Punkt", sagte er dem SID: "Man braucht dieses Selbstverständnis, hier an den Start zu gehen und zu gewinnen."
Die Pleite von Peking wird auch finanzielle Konsequenzen haben. "Wir werden das Fernbleiben der Medaillen zu spüren bekommen", sagte Scheid. Um weiter die aktuellen Fördermittel zu erhalten, müsse man "kämpfen".
Hoffnung machen der Altersschnitt von rund 23 Jahren und die neu gewonnene Breite. "Wir sind in allen Disziplinen konkurrenzfähig", sagte Scheid. Die Freestyler haben ihr Soll mit zwei Top-Acht-Platzierungen erfüllt und könnten im Big Air für einen Stimmungsaufheller sorgen. Snowboard Germany kann ihn gut gebrauchen.