Olympische Winterspiele in Sotschi Curling-Team gelingt der erste Erfolg

Sotschi · Die deutsche Formation um John Jahr hat aber nach fünf Niederlagen keine Chance mehr, das Halbfinale im Wettbewerb zu erreichen. Der Hamburger Skip geht mit sich und seinem Team hart ins Gericht: "Wir haben gespielt wie Anfänger."

Felix Schulze hatte Mitleid mit seinen Freunden in Hamburg. Vor sechs Uhr früh seien die eigens aufgestanden, um sich vor den Fernseher zu setzen und zuzusehen, wie Schulze und die drei anderen Mitglieder der Curling-Nationalmannschaft gegen die USA den ersten Sieg bei den Spielen holen: "Sie finden Curling cool." Doch nichts wurde es nach vier Niederlagen zum Auftakt. Nicht cool, sondern deprimierend war der Auftritt. Mit 5:8 unterlag das deutsche Team, das identisch mit dem des CC Hamburg ist, gestern in der Frühe.

Als eine der eifrigen Helferinnen aus dem Presseteam des Organisationskomitees dann John Jahr, den Kapitän, um einen Kommentar zur Führung der deutschen Mannschaft im Medaillenspiegel fragte, musste der lächeln. Die Erfolge der anderen freuten ihn natürlich: "Schön, dass unser Land so gut ist, aber wir werden hier ganz bestimmt keine Medaille holen". Die Teilnahme am Halbfinale ist ausgeschlossen. "Die Playoffs sind weg", sagte Schulze.

Allerdings hatten die Hamburger auch nie ernsthaft den Gedanken gehegt, in die Endrunde zu gelangen. Auf den letzten Drücker erst hatten sie sich qualifiziert. Als Amateure müssen sie sich gegen Profis behaupten. "Wir wollen hier Werbung für unseren Sport machen", sagte Felix Schulze, der sein Geld als Rechtsanwalt verdient. Doch das sei gegen die USA nun gar nicht gelungen.

John Jahr, mit 48 Jahren ältester deutscher Teilnehmer in Sotschi, und Schulze (34) übertrafen sich bei der Selbstkasteiung. Jahr: "Wir haben gespielt wie Anfänger." Schulze: "Das war zum Abgewöhnen." Jahr: "Es lief von Anfang an beschissen." Schulze: "Mich lässt das ein bisschen verzweifeln." Jahr: "Ich habe so schlecht gespielt wie noch nie hier." Schulze: "Das war strategischer Müll." Jahr: "Furchtbar, furchtbar, furchtbar."

Es waren Selbstanklagen, wie man sie in dieser Deutlichkeit von Sportlern selten hört. Keine der Niederlagen an den Tagen zuvor hatte das Team so getroffen. Nicht das 6:7 gegen Großbritannien nicht das 7:11 gegen China, nicht das 5:8 gegen Norwegen und vor allem nicht die 8:11-Niederlage zum Auftakt gegen Topfavorit Kanada.

Doch die Hamburger verarbeiteten die niederschmetternde Niederlage gegen die USA, wie man es besser nicht machen kann. Gegen die Schweiz zeigten sie am Abend eine Trotzreaktion. Mit 8:7 setzten sich Skip Jahr und seine Jungs durch. Endlich der erste Sieg! Eine knappe Angelegenheit, aber was soll's. Mehrmals verspielten die deutschen Wischer einen Vorsprung.

Am Donnerstag hatten sie zum ersten Mal Gelegenheit zu verschnaufen und das olympische Gelände zu verlassen. Anstatt den lieben, langen Tag im "Eiswürfel", wie die Wettkampfhalle heißt, zu verbringen, fuhren sie hinauf ins Kaukasus-Gebirge. Sie genossen die Landschaft, die Sonne, die Aussicht aufs Schwarze Meer. Und abends spielten sie noch Tischtennis.

Drei Spiele stehen nun noch aus. "Wir wollen unser Gesicht wahren", sagt Schulze, "wir werden hier ganz bestimmt kein Spiel abschenken." Gesagt, getan. Die Hamburger haben mit dem Sieg gegen die Schweiz immerhin schon ein bisschen Wiedergutmachung betrieben - zumindest bei Schulzes Freunden, die gestern Morgen extra früh aufgestanden waren

(RP)
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