Wettkampf-Absage von Biles Warum ein Olympia-Rückzug so bewegt

Analyse | Düsseldorf · Nach ihrer Wettkampf-Absage bei den Olympischen Spielen bekommt die Ausnahme-Turnerin Simone Biles viel Zuspruch. Das zeigt einen Wandel im Verhältnis zum Spitzensport. Und es verrät einiges über alltägliche Erfahrungen mit Leistungsdruck in der Gesellschaft.

 Kunstturnerin Simone Biles in Tokio, bevor sie ihre Teilnahme an den weiteren Wettkämpfen absagte.

Kunstturnerin Simone Biles in Tokio, bevor sie ihre Teilnahme an den weiteren Wettkämpfen absagte.

Foto: dpa/Gregory Bull

Es ist schon bemerkenswert, dass bei den Olympischen Spielen in Tokio ein Star gerade großen Beifall erhält, weil er aufgibt. Plötzlich scheint das Prinzip Höher, Schneller, Weiter außer Kraft gesetzt, eine Athletin zeigt Schwäche und ist darin stark. Und das wird von der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen. Es lohnt also, genauer zu betrachten, was vielen Menschen nach dem Rückzug der überaus erfolgreichen amerikanischen Turnerin Simone Biles so viel Respekt abverlangt. Dabei hat das amerikanische Turnerinnen-Team nach Biles Rückzug nicht die erwartete Gold-Medaille gewonnen. Sogar aus dem Weißen Haus gab es aufbauende Worte. Es scheint ein sensibleres Bewusstsein dafür zu geben, welche Last Erfolg sein kann. Und welche Bürde öffentlicher Druck. Und es scheint in einer Zeit, da alle Welt über Work-Life-Balance nachdenkt, auch ein gewachsenes Verständnis dafür zu geben, wenn Leistungsträger nach Jahren totaler Selbstausbeutung für den Spitzensport einfach nicht mehr wollen oder können. Höher, Schneller, Weiter – das ist der Dreiklang der Expansion, des Wachstums und vielen Menschen mit Blick auf die ökologische Entwicklung auf dem Planeten schon lange suspekt.