Rivale Gatlin ausgebuht Bolt gewinnt den Kampf Gut gegen Böse

Düsseldorf/Rio de Janeiro · Das Duell Usain Bolt gegen Justin Gatlin war das am meisten erwartete der Olympischen Spiele in Rio. Der schillerndste Star der Leichtathletik gegen einen mehrfach überführten Dopingsünder. Letztendlich wurde es eine klare Sache. Sehr zur Erleichterung der Fans.

Olympia 2016: Usain Bolt zeigt typische Jubelpose
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Bolt zeigt typische Jubelpose und feiert mit Maskottchen

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Acht Hundertstel lag der Jamaikaner Bolt am Ende des Sprints über 100 Meter vor dem US-Amerikaner Gatlin. 9,81 Sekunden gegen 9,89 Sekunden. Eine Winzigkeit. Bei einem Rennen, das nur knapp zehn Sekunden dauert, aber eben doch ein souveräner Sieg. Bolt nahm seinen Triumph gewohnt lässig zur Kenntnis. Er posierte für Selfies, feierte mit dem Maskottchen und zeigte stolz seine Laufschuhe mit goldener Sohle. Die Leichathletik-Fans feierten den Sieg des Superstars als den Triumph des Guten über das Böse.

Der stets zu Scherzen aufgelegte Showman, bei dem alle mehr hoffen als wissen, dass er sauber ist, gegen den zweimal wegen Dopings gesperrten Widersacher. Vor dem Rennen wurde Gatlin ausgebuht. Sein Konkurrent konnte das nicht nachvollziehen. "Ich bin ziemlich schockiert, ich habe so etwas das erste Mal erlebt", sagte Bolt. Gatlin sei ein "toller Sportler", erklärte er. "Er treibt dich an, schnell zu laufen und zu jeder Zeit dein Bestes zu geben." Gatlin konnte die Reaktionen der Zuschauer ebenfalls schwer nachvollziehen. "Wir alle haben Respekt voreinander", sagte er mit Blick auf seine Konkurrenten. "Ich würde es gerne sehen, wenn auch das Publikum Respekt hätte."

Das brasilianische Publikum fällt während der Spiele nicht unbedingt durch Fairness auf. Juan-Martin del Potro, der im Tennis Silber holte, wurde ausgebuht, weil er Argentinier ist. Die deutschen Fußballer mussten sich ebenfalls Pfiffe anhören, weil der Stachel der 1:7-Niederlage bei der WM 2014 bei vielen noch tief sitzt. Der Fall Gatlin ist aber anders gelagert.

Wiederholungstäter bleibt nur die Rolle des Bösewichts

Gatlin war 2006 positiv auf Testosteron getestet worden. Als Wiederholungstäter drohte ihm damals eine lebenslange Sperre. Zunächst wurde er für acht Jahre verbannt, später wurde die Sperre auf vier Jahre reduziert. Grund dafür war, dass er gegenüber der amerikanischen Anti-Doping-Agentur als Kronzeuge aussagte. Sein 100-Meter-Weltrekord wurde aus den Listen gestrichen. Seine Goldmedaille von Athen 2004 durfte er jedoch behalten. "Das System hat funktioniert. Ich denke, die Leute müssen aufhören, Richter, Gericht und Henker zu sein und das System seinen Job machen lassen", sagte Gatlin vor dem Wettkampf. Doch sein Wunsch blieb unerfüllt. Schon beim Schwimmen wurde die Russin Julia Jefimowa wegen ihrer Dopingvergangenheit gnadenlos ausgebuht.

Gegen Publikumsliebling Bolt blieb Gatlin nur die Rolle des Antagonisten. Des Bösewichts, der den zehnsekündigen Film etwas spannender machen soll. Die Fans vergöttern Bolt, der vor ihren Augen Geschichte schreibt und dabei so lässig daherkommt. "Irgendjemand hat gesagt, ich könne unsterblich werden", verkündete der 29-Jährige nach seiner imposanten Show in der brasilianischen Nacht. "Noch zwei weitere Medaillen — und ich kann mich abmelden. Unsterblich." Mit dreimal Olympia-Gold über 100 Meter hat er US-Legende Carl Lewis übertrumpft. Die Gold-Medaillen acht und neun bei Sommerspielen sollen über 200 Meter sowie 4 x 100 Meter folgen.

Für Gatlin war es eine bittersüße Nacht. "Ich bin der Älteste im Feld, und alleine auf dem Podium zu stehen, ist wie ein Sieg", versicherte der 34-Jährige. "Es ist für mich eine Ehre, Teil der Geschichte zu sein." Gatlin hatte lange geführt, war dann aber im zweiten Teil des Rennens doch chancenlos. "Ich wusste, dass ich einen schlechten Start haben würde, und ich konnte mir nur sagen: 'Verfall nicht in Panik, lass dir Zeit und arbeite dich zurück'", sagte Bolt, der wegen einer Oberschenkelverletzung keine leichte Saison hatte. Ab Meter 50 habe er geahnt, dass mit Gold über 100 Meter nichts mehr schief gehen werde. "Es war aber kein perfektes Rennen", resümierte Bolt. Vielleicht gelingt ihm das im Finale über 200 Meter. "Ich will diesen Weltrekord wirklich", beteuerte er. Bolt ist gekommen, um Geschichte zu schreiben. Wieder einmal.

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