Hoffnungsträger bei Olympia Totilas gibt sein Saisondebüt

Warendorf · Mit Blick auf die Olympischen Spiele in London ist der Hengst ein Hoffnungsträger des deutschen Sports. Nach einer Reihe von Irritationen will ihn Dressurreiter Matthias Alexander Rath am Wochenende in Hagen am Teutoburger Wald präsentieren.

CHIO 2011: Rath und Totilas begeistern
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Holger Schmezer verbreitet Optimismus. "Vier Medaillen sind möglich", sagt der für die Dressurreiter zuständige Bundestrainer. Und auf die Nachfrage, ob die deutsche Equipe bei den Olympischen Spielen eben diese Maximalausbeute — bestehend aus drei Einzel- und einer Medaille im Mannschaftswettbewerb — tatsächlich holen kann, fragt er rhetorisch: "Warum nicht? Es scheint aber etwas utopisch."

Zwischenstation auf dem Weg zu den Reitwettbewerben in Londons Stadtteil Greenwich ist an diesem Wochenende der Hof Kasselmann in Hagen am Teutoburger Wald. Dort soll Totilas, der vermeintliche Ausnahmeathlet, mit seinem Reiter Matthias Alexander Rath in die Saison starten. "Horses & Dreams", "Pferde & Träume", ist der Titels des Turniers. Und Träume verbinden sich auch für Holger Schmezer mit Totilas. Das Pferd aus königlich-niederländischer Zucht steht in Hagen bei Osnabrück unter besonderer Beobachtung. So wie immer, seit Matthias Alexander Rath vor gut anderthalb Jahren in dessen Sattel gestiegen ist.

Die Erwartungen waren hoch. Viele sahen die deutschen Dressurreiter künftig wieder klar auf Goldkurs. Doch die Welle der Euphorie, auf der ganz Dressur-Deutschland surfte, ist mittlerweile nur noch eine sanfte Woge. Von den Superlativen ("Wundertänzer", "Dressurstar", "Ikone") ist nicht viel übrig. Immer häufiger bestimmen Negativschlagzeilen die Berichterstattung. Aus dem Wunderpferd soll ein Problempferd geworden sein.

Grund für den Stimmungswechsel waren vor allem die letzten öffentlichen Auftritte. Weder bei der Europameisterschaft im August 2011 in Rotterdam noch bei der Hengstschau in Vechta konnten Pferd und Reiter überzeugen. Ein Aufschrei ging durch die Szene, als der 27-jährige Rath Totilas im Februar auf einer Hengstschau von Miteigentümer Paul Schockemöhle in Vechta vorstellte. Dort wurde das Pferd Züchtern präsentiert, die den kostbaren Samen des Tieres kaufen sollen. Doch auch dieses Mal widersetzte sich Totilas mehrfach, tänzelte herum, nahm die Hilfen seines Reiters nicht an. Die Vorstellung wurde zunächst unterbrochen, musste schließlich abgebrochen werden.

Das Video von diesem Auftritt wurde bei Youtube hunderttausendfach abgerufen. Schmezer beteuert aber, er habe es nicht gesehen. Er machte sich bei Trainingsbesuchen ein Bild von der verbesserten Zusammenarbeit zwischen Reiter und Pferd. Rath sei selbstbewusster geworden, meint Schmezer. Er sei nicht mehr "der Junge mit dem Knopf im Ohr", der nur auf Anweisungen des Trainers warte. Bei einem Lehrgang, der vor Ostern unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Warendorf stattfand, machten alle deutschen Paare einen starken Eindruck auf Schmezer.

Nach der Europameisterschaft im vergangenen Jahr stellte Rath den Rappen nur zweimal öffentlich vor — beide Male bei Schauvorführungen. Das Weltcup-Finale 2011 in Leipzig sagte er aufgrund einer Verletzung des Tiers ab, ebenso das Festhallenturnier im Dezember in Frankfurt am Main und die Olympiavorbereitung in Florida. In Hagen haben die Veranstalter nun vorsorglich darauf verzichtet, mit einem Auftritt von Totilas in die Werbung zu gehen.

Erst im Februar sorgte Totilas´ ehemaliger Reiter, der Niederländer Edward Gal, mit Gerüchten für neue Aufregung, er wolle den Hengst mit Hilfe seines neuen Mäzens zurückkaufen. Gal arbeitet seit einiger Zeit mit dem Glock Horse Performance Center in Österreich zusammen. Hinter der Zusammenarbeit steht Multimillionär Gaston Glock, der das Kleingeld für einen Rückkauf hätte. Klaus Rath, Trainer und Vater von Matthias Rath, schloss einen Verkauf aus: "Das Pferd ist ein Familienmitglied. Für kein Geld der Welt würden wir es abgeben", sagte er. Mittlerweile sind die Gerüchte verstummt. Ruhe kehrt trotzdem nicht ein.

Neuen Anlass zur Sorge sahen die Reitfans in der Ankündigung, der Niederländer Sjef Janssen werde das Paar nach den Olympischen Spielen trainieren. Janssen ist momentan noch Trainer der niederländischen Equipe und außerdem Ehemann der mehrmaligen Welt- und Europameisterin sowie dreimaligen Olympiasiegerin Anky van Grunsven. Seine Trainingsmethoden, zu denen die sogenannte Rollkur gehört, sind in Dressurkreisen nicht unumstritten. Janssen hatte auch schon Edward Gal trainiert, der den Rappen ausgebildet und mit ihm unter anderem bei der WM 2010 in Kentucky dreimal Gold gewonnen hatte.

(RP/can)
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