Paralympics Goldrausch für die deutschen Straßen-Radfahrer

Rio de Janeiro · Erst drei bittere Plätze am Morgen, dann wieder großer Jubel am Strand von Barra: Die Radsportler haben wieder zugeschlagen und am achten Wettkampf-Tag der Paralympics die deutsche Bilanz weiter aufpoliert.

Paralympics 2016: Gold-Rausch für deutsche Straßen-Radfahrer
Foto: dpa, jbu nic

Nach drei Siegen im Zeitfahren am Mittwoch legten im Straßenrennen am Donnerstag zunächst die ehemalige Schwimmerin Christina Reppe (Nendorf) und Andrea Eskau (Magdeburg) innerhalb einer Viertelstunde nach. Anschließend bannte auch noch Vico Merklein (Nendorf) seinen Vize-Fluch und holte seinen ersten großen Titel.

Am Morgen hatte die Bilanz noch gelautet: Dreimal Silber gewonnen, aber Gold verloren. Denn die drei deutschen Weltmeister David Behre (Leverkusen), Edina Müller (Hamburg) und Tom Kierey (Dresden) verpassten einen Eintrag in die Geschichtsbücher der Paralympics allesamt knapp. Behre fehlten über 400 m 0,03 Sekunden, um Nachfolger des gefallenen Superstars Oscar Pistorius zu werden.

London-Champion Heinrich Popow verpasste über 100 m nicht nur die Wiederholung seines Gold-Copus, sondern als Vierte sogar eine Medaille. Es gewann der Australier Scott Reardon, Lebensgefährte der deutschen Weitsprung-Paralympicssiegerin Vanessa Low.

Im Kanu verpasste Müller im allerersten paralympischen Rennen der Sportart Gold um 0,114 Sekunden. Dann fehlte Tom Kierey sogar weniger als eine Zehntelsekunde, um erster Paralympics-Sieger seiner Klasse zu werden. Radsportler Max Weber (Obergünzburg) holte ebenfalls Silber. Mindestens das haben auch die Rollstuhl-Basketballerinnen sicher, die nach dem 55:45 gegen Topfavorit Niederlande aber im Finale gegen die USA ihren Gold-Coup von London wiederholen wollen.

Silber gewannen auch die Dressur-Mannschaft und Leichtathletin Irmgard Bensusan (Leverkusen) über 200 m. Bronze ging an Torben Schmidtke (Potsdam), der über 100 m Brust die Schwimmer nach fünf Tagen ohne Medaille erlöste, und Sprinter Thomas Ulbricht (Berlin) über 100 m.

Groß war der Jubel unter den Radsportlern. "Ich wusste, es kann etwas Tolles werden. Das ist es geworden. Ich bin superstolz", sagte Reppe, die schon zweimal bei Paralympics im Schwimmen gestartet war und zwei Bronzemedaillen geholt hatte: "Ich hätte heute Abend auf jeden Fall gefeiert, egal wie das Rennen ausgegangen wäre. Nun feiere ich doppelt und dreifach."

Auch Eskau war überglücklich. "Das war der Laktat-Schrei", sagte sie, nachdem sie im Ziel einen lauten Schrei losgelassen hatte: "Ich war so vollgepumpt, das tat so weh, aber umso größer ist die Freude. Gestern Silber und heute Gold, das ist perfekt."

"Da meine Freundin weint, muss es wahr sein", meinte Merklein, der nach sechs zweiten Plätzen seit 2011 erstmals gewann: "Ich stehe zum ersten Mal bei einem ganz wichtigen Rennen ganz oben. Es gibt keinen besseren Tag. Das ist Wahnsinn, abartig."

Der Leverkusener Behre musste sich zwei Tage nach seinem 30. Geburtstag dem Neuseeländer Liam Malone (46,20 Sekunden) geschlagen geben. "Es ist eine Niederlage, aber es war am Ende so so knapp", sagte Behre: "Ich hätte gerne die Nachfolge von Pistorius angetreten. Aber mit der Zeit ist Silber auch viel wert. Nun habe ich den Medaillensatz komplett."

Mit der Staffel gewann Behre Gold, über 200 Bronze, in allen vier Disziplinen (inklusive 100 m) stellte er einen Europarekord auf. Der Südafrikaner Pistorius sitzt wegen Mordes an seiner Freundin im Gefängnis.

An der Kanu-Strecke überwog bei den deutschen Athleten trotz Doppel-Silber der Frust. Bei Müller dauerte es etwas, bis sie ihr Lächeln wiedergefunden hatte. Dann aber sprach die Welt- und Europameisterin von einem "tollen Gefühl. Ich kann absolut zufrieden sein. Natürlich wäre Gold möglich gewesen, aber es herrschte starker Seitenwind. Damit hatte ich zu kämpfen. Jeanette ist mit den Bedingungen etwas besser zurecht gekommen."

Kierey war sogar als Weltmeister der vergangenen beiden Jahre ins Rennen gegangen. Doch am Ende war der Ukrainer Sergej Jemeljanow 0,099 Sekunden schneller. Er habe trotzdem sein "Ziel erreicht", sagte er: "Ich war ganz dicht dran."

(sid)
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