Entscheidung fällt am Samstag Olympia 2020: Istanbuls Chancen und Probleme

Istanbul · Skandale und Demonstrationen könnten den Zuschlag jedoch gefährden. Am Samstag fällen die IOC-Mitglieder ihre Entscheidung.

Eine magische Stadt zwischen Ost und West, eine moderne Metropole mit jahrtausendealter Geschichte — so präsentiert sich Istanbul bei seiner Bewerbung um die Olympischen Spiele im Jahr 2020. Doch die Kandidatur der Türken, die lange als sehr aussichtsreich galt, hat einige Schwachpunkte, die vor der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bei dessen Vollversammlung am Samstag in Buenos Aires diskutiert werden.

Wie ist der neueste Stand der Istanbuler Bewerbung? Die Türken spielen bei der fünften Olympia-Kandidatur ihrer größten Stadt mit vollem Einsatz. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will am Wochenende nach Argentinien reisen, um in letzter Minute noch Überzeugungsarbeit leisten zu können. Bedenken des IOC wegen zu erwartender Verkehrsprobleme in der 15-Millionen-Einwohner-Stadt während der Spiele will Istanbul mit Infrastrukturprojekten im Volumen von 20 Milliarden Dollar (rund 15,2 Milliarden Euro) ausräumen. Auch Hinweise des IOC auf den Bürgerkrieg im benachbarten Syrien lassen die Istanbuler nicht gelten: Syrien sei mehrere tausend Kilometer vom Bosporus entfernt, lautet das Gegenargument. Zudem gibt sich die Verwaltung nach mehreren Umfragen überzeugt, dass die Zustimmung für Olympia bei der eigenen Bevölkerung mit Werten zwischen 83 und 94 Prozent deutlich höher sei als in den anderen Bewerberstädten Madrid und Tokio.

Was sind die Stärken der Bewerbung? Da ist zunächst die unvergleichliche Lage Istanbuls auf zwei Kontinenten: Der olympische Marathon würde über eine der Bosporusbrücken von Asien nach Europa oder andersherum führen. Istanbul, das frühere Byzanz und Konstantinopel, vereint zudem Islam und Christentum. Die Türkei wäre das erste muslimische Land, das die Spiele ausrichtet. Ein noch nie dagewesener Wirtschaftsboom hat aus der Türkei einen modernen Staat gemacht, der genug Geld und Dynamik hat, um große Sportstätten, erneuerte Straßen sowie neue U-Bahnstrecken rechtzeitig vor 2020 fertigzustellen. Ein Flughafen, der im Endausbau der größte der Welt werden soll, wird der Planung zufolge 2017 in Betrieb gehen.

Woran könnte es scheitern? In jüngster Zeit hat die Istanbuler Bewerbung mehrere Rückschläge wegstecken müssen. Die regierungsfeindlichen Unruhen in der Türkei im Juni und die überharten Polizeieinsätze gegen die Demonstranten haben dem internationalen Image des Landes stark geschadet. Darüber hinaus schafften es die Türken nicht, bei der U-20-Fußballweltmeisterschaft die Stadien zu füllen — kein gutes Vorzeichen für die Olympischen Spiele 2020. Auch wurden im Sommer mehr als zwei Dutzend türkische Leichtathleten wegen Dopings für jeweils zwei Jahre gesperrt, was ebenfalls kein gutes Bild abgibt.

Wie stehen die Chancen? Trotz der jüngsten Probleme hat Istanbul gute Chancen, sich gegen Madrid und Tokio durchzusetzen. Die Türkei ist ein dynamisches Land der islamischen Welt mit einer jungen Bevölkerung und durfte bisher noch nie Olympische Sommerspiele ausrichten. Die symbolische Brückenlage Istanbuls zwischen Ost und West und zwischen Islam und Christentum bildet ein Argument, das möglicherweise auch Skeptiker umstimmen kann.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort