Olympia 2016 Ein Pferd fliegt für 20.000 Euro nach Rio

Köln · Wenn Pferde fliegen, dann ist der logistische Aufwand groß. Für die Vierbeiner ist ein Langstreckenflug nach Rio allerdings wesentlich angenehmer als eine Fahrt im Pferdetransporter.

Zahlen und Fakten zu den Olympischen Spielen in Rio
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Foto: afp

Sam kennt das ganze Prozedere aus dem Effeff. Der 16 Jahre alte Wallach von Doppel-Olympiasieger Michael Jung hat bereits etliche Flugreisen hinter sich, wenn er am Samstag in Lüttich seinen sogennanten Jetstall in der Transportmaschine nach Rio de Janeiro bezieht. "Ihm macht das überhaupt nichts aus", sagt Jung, der mit dem deutschen Vielseitigkeitsteam wenige Stunden nach den Pferden in die Luft geht: "Für die Pferde ist das Fliegen angenehmer als eine Fahrt mit dem Transporter."

Überwiegend starten die kostbaren Vierbeiner von Lüttich oder Amsterdam aus in alle Welt. Von diesen beiden Flughäfen aus dürfen die Flieger in einem deutlich sanfteren Startwinkel als die Passagiermaschinen ihre Reiseflughöhe in Angriff nehmen. "Start und Landung sind für die Pferde die Phasen, in denen sie sich ausbalancieren müssen", sagt Marc Koene, Mannschaftstierarzt der deutschen Dressurreiter: "Im Pferdetransporter müssen sie das allerdings bei jedem Beschleunigungs- und Bremsvorgang."

Bei jedem Transport werden 34 Pferde verladen

Die Transportmaschine bietet Platz für 70 Pferde, die jeweils Koene zufolge in Dreierboxen auf Rollcontainern "mit kleinen, geräuscharmen Rollen" an Bord gebracht werden. Um auf dem fast zwölfstündigen Flug mehr Raum für die Tiere zu schaffen, werden pro Transport nur 34 Pferde verladen. Hinten stehen die Boxen mit den Stuten, in der Mitte die Wallache und ganz vorne die Hengste. Die Temperatur beträgt 17 Grad — "die optimale Temperatur für Pferde", sagt Koene. An Jetlag leiden Pferde laut Koene nicht. In Rio angekommen, beginne sofort der ganz normale Tagesrhythmus.

An Bord der Maschine sind lediglich zehn Begleitpersonen zugelassen, darunter zwei Angestellte des Transportunternehmens, zwei Tierärzte und vier Pferdepfleger. Die fünfmalige Olympiasiegerin Isabell Werth ist am Montag mit an Bord, wenn die deutschen Dressurpferde auf die Reise gehen. "Ich habe das früher schon oft gemacht", sagt Werth und erzählt von den für Zweibeiner wenig luxuriösen Bedingungen an Bord: "Hinter den Pferdeboxen sind ein paar Sitze angebracht, die man bei Start und Landung einnehmen muss."

Die Reise kostet pro Pferd etwa 20.000 Euro

Hat der Flieger seine Reiseflughöhe erreicht, "ist es für die Pferde ausgesprochen angenehm", sagt Koene. Die Tiere, die sich eine Box teilen, kennen sich normalerweise gut. Während des Flugs bekommen sie Heu, Kraftfutter und viel Aufmerksamkeit. "Sie dösen vor sich hin, fressen und saufen, alles ganz normal wie zu Hause im Stall", sagt Koene. Der Aufwand ist dennoch immens: Pro Pferd kostet der Trip rund 20.000 Euro, zusätzlich werden für jedes Tier rund 800 Kilogramm Gepäck und 120 Kilogramm Futter nach Rio transportiert.

Dort angekommen, stehen vier bereits im März nach Rio verschiffte Spezialtransporter des deutschen Pferdespediteurs Friedrich Johannsmann bereit. Die Autos müssen peinlich sauber gehalten und nach jedem einzelnen Transport komplett desinfiziert werden. In den Stallungen von Deodoro sind ausschließlich jene Pferde zugelassen, die von den jeweiligen Nationen gemeldet sind. Nur mit viel bürokratischem Aufwand konnte deshalb Michael Jungs Sam nachgemeldet werden, der anstelle des erkrankten Takinou in Rio dabei ist. Aber zum Glück kennt Sam ja alles schon aus dem Effeff.

(jado/sid)
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