Konkurrenz für das Deutsche Haus Deutsche Partyzonen am Zuckerhut

Rio De Janeiro · Bei Olympischen Spielen gibt es traditionell ein Deutsches Haus, in dem die Sportler mit Funktionären und Sponsoren Medaillen feiern. In Rio gibt es erstmals ein Konkurrenzprodukt.

 Feiern am Strand von Leblon im deutschen Fanhaus.

Feiern am Strand von Leblon im deutschen Fanhaus.

Foto: Stefan Klüttermann

Die Schlange an der Promenade von Leblon reicht an diesem Abend mehrere hundert Meter weit. Bis hinter den nächsten Strandabschnitt "Posto 11" stehen die Cariocas, die Einwohner Rios, an. Alle wollen ins "OliAle" hinein, in den deutschen Pavillon im Sand der hippen Lieblingsviertel der Jungen, Schönen und Reichen. Der Eintritt ist frei, es gibt Live-Übertragungen des olympischen Fußballturniers, Brezeln, Bratwurst mit Sauerkraut und Weißbier, DJs spielen Deutsche Welle in ihrer ganz eigenen Electro-Swing-Version. So etwas gab es aus deutscher Sicht noch nie zu Olympia.

 Harald Klein hatte die Idee für das "OliAle" am Strand von Rio de Janeiro.

Harald Klein hatte die Idee für das "OliAle" am Strand von Rio de Janeiro.

Foto: dpa, jhe

Die Idee zum Projekt am Strand von Rio hatte der emsige Generalkonsul Harald Klein. Während der Spiele will er mit seinem Angebot "Treffpunkt für Brasilianer, Touristen und alle diejenigen sein, die Rio in deutscher Atmosphäre und gleichzeitig mit Rio-Flair erleben wollen", wie es in einer Mitteilung heißt. Klein nimmt dabei sehr gerne in Kauf, dass er sich mit einem mächtigen Konkurrenten mit seiner Partyzone anlegt.

Denn knapp 30 Kilometer weiter westlich, im Nobelvorort Barra da Tijuca ist man dem Vernehmen nach nicht ganz so begeistert über das OliAle. Hier, - zum Unmut von hiesigen Umweltschützern - inmitten des Naturschutzgebietes Parque Natural Municipal de Marapendi, zwischen Strand und der idyllischen Lagune gleichen Namens steht das traditionelle, offizielle Deutsche Haus, betrieben von der Deutschen Sport Marketing (DSM), Hausherr ist der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). Hier sollen die deutschen Athleten abends ihre Medaillen feiern, hier sollen Sponsoren, Wirtschaftsvertreter, Journalisten und Sportler sich in edler Umgebung vermischen können. Wer hinein will, wird namentlich und mit Foto registriert, es gibt eine Gästeliste, und eine Akkreditierungsstelle. Der schicke Strohdach-Bungalow erstreckt sich über drei Ebenen, es gibt einen Pool, zwei Terrassen und deutsches Essen. Nebenan hat ein Gelände geöffnet, dass eine Mischung aus Freizeitpark und bayerischem Biergarten darstellt und für jedermann zugänglich ist.

Unter verschiedenen denkbaren Standorten in der Millionenmetropole Rio war die Wahl von DSM und DOSB schließlich vor allem deswegen auf Barras Promenade gefallen, weil die meisten Athleten nach ihren Wettkämpfen einen kurzen Weg hierher haben, in Barra befindet sich schließlich der Olympiapark mit einer Vielzahl von Sportstätten. Nach Ipanema ist es von hier allerdings eine Dreiviertelstunde Autofahrt, nach Copacabana fast eine Stunde - jeweils bei guter Verkehrslage. Aus dem Stadtzentrum Rios ist das Deutsche Haus also nur mit einiger Geduld und Mühe zu erreichen.

"Die Sportler werden schon nicht woanders feiern", sagt Werner Dornscheidt, Chef der Messe Düsseldorf, die seit mehr als zwei Jahrzehnten das Deutsche Haus für den DOSB organisiert. "Was sollen die Athleten denn in das Fanhaus hinunter gehen? Da müssten sie ja ihr Bier selbst zahlen, bei uns bekommen sie alles umsonst. Der DOSB würde auch ein Auge darauf haben, wenn plötzlich keiner mehr in seinem Haus feiern würde." Dornscheidt unterschätzt dabei möglicherweise die Macht der Bilder. Sportler mit den Fans zusammen am Strand von Rio - genau das ist das Kalkül von Generalkonsul Klein, das wären Szenen wie gemalt für die Vermarktung der Akteure. Klein will natürlich offiziell auch nichts davon wissen, dass er dem Deutschen Haus Konkurrenz machen könnte. Ein Lächeln kann er sich dann aber nicht verkneifen, wenn er laut darüber nachdenkt, wie es wäre, wenn zum Beispiel die deutschen Hockeyspieler nach einer gewonnenen Goldmedaille bei ihm im Fanhaus nach absolviertem Pflichtprogramm im Deutschen Haus die Nacht durchfeiern.

"Wir lieben Deutschland"

Im OliAle-Pavillon in Leblon, der vom Generalkonsulat und der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer betrieben wird, ist es an diesem Eröffnungsabend inzwischen voll geworden. "Wir lieben Deutschland", sagt eine junge Frau. Und mit dieser Haltung ist sie offenbar nicht allein - trotz des deutschen 7:1-Halbfinalsieges gegen Brasilien bei der Heim-WM vor zwei Jahren. Aber durch den damaligen Verzicht, ein erschüttertes Brasilien bei diesem 7:1 über die Maßen auf dem Platz und danach zu demütigen, haben die DFB-Kicker ihrem Land zu großen, nachhaltigen Sympathien am Zuckerhut verholfen. Die Deutschen und ein paar Meter weiter die Dänen sind dann auch die einzigen Nationen, denen Rios Stadtverwaltung erlaubt hat, direkt am Strand eine Olympia-Vertretung aufzubauen.

Doch Dänen wie Deutsche wetteifern in den kommenden 14 Tagen mit mehr als 30 anderen Nationen- oder Sponsoren-Häusern in Rio um die Gunst von Touristen und Einheimischen. Die eine Hälfte der Häuser ist offen für jedermann, die andere auf Athleten und geladene Gäste beschränkt. 15 Euro kostet der Eintritt im Holländischen Haus an der Salzwasserlagune "Lagoa Rodrigo de Freitas", einem der beliebtesten Naherholungsgebiete in der Stadt. Die Niederländer haben sich den Ruf erarbeitet, seit etlichen Olympischen Spielen die besten Partys in ihrem Haus zu veranstalten. Entsprechend groß sind Vorfreude und Andrang bei den Cariocas. Für knapp sieben Euro kommt man ins französische Haus an der Lagoa, in dem die Tanzfläche Platz für 2000 Besucher bietet. Das finnische Haus im Stadtzentrum öffnet zwar nur an den beiden Wochenenden, dafür schaut aber der Weihnachtsmann vorbei. Die Schweizer locken mit der Möglichkeit, auf ihrem Gelände Schlittschuh laufen zu können. Dazu gibt es reichlich Schokolade und Raclette im Angebot. Die Österreicher ihrerseits versprechen in ihrem Haus eine "Rund um die Uhr"-Bäckerei.

Es gibt also genug Konkurrenz für die beiden Deutschen Häuser. Wie sehr sie sich selbst das Wasser abgraben, werden die kommenden zwei Wochen zeigen - das wird nicht unbedingt am sportlichen Abschneiden der deutschen Sportler liegen. In Rio gibt es immer einen Grund zum feiern.

(RP)
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