Bach auf Friedensmission Neutrale russische Sportler bei Olympia?

Rom · IOC-Präsident Thomas Bach will russischen Sportlerinnen und Sportlern die Tür zu den Olympischen Spielen wieder öffnen. Unter einer Bedingung - und mit vielen offenen Fragen.

Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach.

Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach.

Foto: dpa/Denis Balibouse

Wladimir Putin schickt immer mehr russische Landsleute an die Front - darunter auch Spitzensportler. IOC-Präsident Thomas Bach will in der angespannten Weltlage den umgekehrten Weg gehen: Aktiven, die sich von Kriegstreiber Putin distanzieren, macht er die Chance auf den Olympiastart schmackhaft. „Unser Ziel ist es, dass Sportler mit russischem Pass, die den Krieg nicht unterstützen, wieder an Wettkämpfen teilnehmen können“, sagte Bach im Interview mit dem Corriere della Sera.

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine sei „sicherlich nicht von russischen Sportlern begonnen“ worden, begründete Bach diese Haltung. Athletinnen und Athleten, die sich vom Regime distanzieren, sollten „unter neutraler Flagge antreten können“, führte der 68-Jährige aus. Diese Idee umzusetzen, sei allerdings „nicht einfach“.

Das Oberhaupt des Internationalen Olympischen Komitees verwies auf eine „große Diskrepanz auf politischer Ebene in Bezug auf unsere Entscheidungen“. Einige Regierungen hätten von sich aus beschlossen, russischen Sportlern die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu verweigern, so Bach. Andere verböten ihren Sportlern, mit Russen zu konkurrieren. Einige Länder wiederum fühlten sich nicht in der Lage, ihre Sicherheit zu gewährleisten, zählte Bach weiter auf.

Ein weiteres Problem erwähnt der IOC-Boss nicht: Wie sollen Sportlerinnen und Sportler in Russland ihr „Nein“ zum System Putin deutlich und glaubhaft vorbringen, ohne in der angespannten aktuellen Phase ihr Leben zu riskieren? Fast unweigerlich stellt sich daher die Frage, wie konkret und wie umsetzbar Bachs Vision ist.

Für den Deutschen geht es wie so oft um die „Friedensmission“ des IOC, und diese sei derzeit „ins Stocken“ geraten. Die Zeche zahlten die russischen und auch belarussischen Sportler, sagte der Olympiasieger von 1976, der seinen eigenen Einfluss bei der Klärung dieser Causa herunterspielte: „Denjenigen, die mich fragen, wie sich das IOC im Hinblick auf die nächsten Olympischen Spiele gegenüber den Russen verhalten wird und ob es sie antreten lassen wird oder nicht, antworte ich: Wer bin ich, das ich das weiß?“

Athletinnen und Athleten aus Russland und dem militärisch verbündeten Belarus wurden als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine Ende Februar auf Empfehlung des IOC weitgehend vom internationalen Sport ausgeschlossen. Außerdem wies die Ringe-Organisation die internationalen Sportverbände an, alle Veranstaltungen aus beiden Ländern abzuziehen. Diese offizielle Position gilt unverändert. „Es war die richtige Entscheidung, aber sie löst unser Dilemma nicht“, sagte Bach bei seinem Italien-Besuch.

Susanne Lyons, die Vorsitzende des Olympischen und Paralympischen US-Komitees (USOPC), hatte Mitte September offenbart, „dass das IOC darüber nachdenkt, ob es für die russischen Athleten einen Weg zurück gibt“. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bestätigte damals auf SID-Anfrage die Aufnahme der Diskussion. Das Thema sei „Gegenstand eines Calls zwischen dem IOC und den Nationalen Olympischen Komitees“ gewesen.

Die Sommerspiele in Paris beginnen zwar erst in knapp zwei Jahren, allerdings stehen deutlich vorher Qualifikationswettbewerbe auf dem Programm.

(sid/stja)
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