Rücktrittsforderung von Landessportbund „So wie jetzt kann der Sport nicht in die Post-Pandemie-Zeit gehen“

Düsseldorf · Nach dem in einem anonymen Schreiben der Führungsstil von DOSB-Präsident Alfons Hörmann scharf kritisiert wurde, fordert der Chef des Landessportbundes NRW nun dessen Rücktritt. Und er erhebt weitere Vorwürfe gegen den Funktionär.

 Alfons Hörmann, Präsident Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), gibt bei den Winterspielen 2018 eine Pressekonferenz im Deutschen Haus. (Archivfoto)

Alfons Hörmann, Präsident Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), gibt bei den Winterspielen 2018 eine Pressekonferenz im Deutschen Haus. (Archivfoto)

Foto: dpa/Tobias Hase

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, muss sich zwei Monate vor dem Beginn der Olympischen Sommerspiele in Tokio Vorwürfen von Mitarbeitern und Rücktrittsforderungen stellen. In einem anonym per E-Mail gesendetem offenen Brief an den DOSB kritisieren  Mitarbeiter den Führungsstil des Präsidenten. „Respekt und Fairplay vermissen wir jeden Tag in unseren Führungsgremien, vor allem bei unserem Präsidenten Alfons Hörmann“, zitiert der Sportinformationsdienst aus dem Schreiben. Es habe sich eine Kultur der Angst im DOSB etabliert, heißt es weiter. Aus Furcht vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen schicke man den Brief anonym.

Der DOSB hatte dazu am Donnerstag mitgeteilt, dass der Brief von einem „Fake-Mail-Account“ gesendet worden sei. Hörmann selbst kündigte eine schnelle Aufklärung an. Er sagte der „Allgäuer Zeitung“: „In den letzten Stunden haben sich zahlreiche Führungskräfte und Mitarbeiter deutlich von diesem Stil und den Inhalten distanziert. Auch seitens der DOSB-Führungsgremien wird es zeitnah entsprechende Klarstellungen dazu geben.“ DOSB-Präsidium und -Vorstand sprachen dem 60-Jährigen am Freitag das Vertrauen aus: „Die aufgeführte Kritik an unserem Präsidenten Alfons Hörmann weisen wir als Vorstand des DOSB in aller Klarheit zurück“, hießt es in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme. „Wir verfolgen gemeinsam das klare Ziel eines wertebasierten Handelns und sehen als einen wichtigen Bestandteil die jederzeit offene Bereitschaft zur Kommunikation. Daher sind wir über die anonym erhobenen Vorwürfe zur aktuellen Führungssituation im DOSB und insbesondere gegenüber unserem Präsidenten verwundert und lehnen diesen Stil der Kommunikation und den eingeschlagenen Weg über die Medien ab. Ungeachtet dessen werden wir die angeführten Kritikpunkte umfassend prüfen“, teilten die Präsidiumskollegen von Hörmann mit.

Der Chef des Landessportbundes NRW, Stefan Klett, bekräftigte im Gespräch mit unserer Redaktion hingegen die Rücktrittsforderung, die er bereits bei der „Sportschau“ geäußert hatte. „So ein Brief ist für Mitarbeiter in der Regel das letzte Mittel. Nach unseren Kenntnissen war die E-Mail zwar anonym, aber von einem nachvollziehbaren Account. Für uns hat dieses Schreiben das Fass zum Überlaufen gebracht, denn wir kritisieren schon lange den Stil der Kommunikation beim DOSB“, sagte Klett. Ob zu den Landesverbänden, dem IOC oder in der Causa Olympiabewerbung, das Tischtuch sei an allen Stellen zerschnitten.

In den Gesprächen mit der Politik zum Infektionsschutzgesetz habe Hörmann die Expertise der 16 Landesverbände, die seit Monaten mit ihren Landesregierungen in Sachen Corona-Bestimmungen für den Sport im Austausch sind, ignoriert, sodass man nun wieder hinter schon Erreichtes zurückfalle. Auch bei der Olympiabewerbung habe Hörmann vieles handwerklich falsch gemacht und die Beteiligten an der Initiative Rhein-Ruhr-City nicht über ein bedeutsames Gesprächsangebot des Weltverbandes IOC informiert. Der DOSB-Chef hat diese Kritik zuletzt stets von sich gewiesen.

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„Herr Hörmann hat leider seinen Kompass verloren und weiß offenbar nicht mehr, wie man in die richtige Richtung geht“, urteilte Klett. „Statt gerade in der Coronazeit auf Teamarbeit zu setzen und das funktionierende Netzwerk zu nutzen, hat sich beim DOSB eine Art Autokratie etabliert.“ Klett fordert deswegen, dass Hörmann mit einem Rücktritt den Weg frei macht, um das Vertrauen in den Dachverband wieder herzustellen. „So wie jetzt kann der Sport nicht in die Post-Pandemie-Zeit gehen. Wir brauchen Empathie für alle Seiten, für Spitzensportler wie Breitensport statt Vertriebs- und Produktzahlen“, sagt der Präsident des größten Landessportbundes in Deutschland.

(mit dpa)

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