Friedrich, de Zordo und Co. Sorgenkinder üben sich in Zweckoptimismus

London · Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat einige Stars in seinen Reihen, die zuletzt heftige Rückschläge einstecken mussten. Körper und Kopf spielten nicht immer mit. Allen voran Speerwurf-Weltmeister Matthias de Zordo und Hochsprung-Rekordlerin Ariane Friedrich.

Das ist Ariane Friedrich
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Matthias de Zordo ist schon eine coole Socke. Sonst hätte der Speerwerfer im vergangenen Jahr bei der WM in Daegu/Südkorea nicht als Außenseiter die Goldmedaille abgeräumt. Sonst würde der Linkshänder aus Saarbrücken nach so einer schwierigen Saison mit Ellbogenprobleme nicht so gelassen nach London fahren. In Kienbaum hat er jetzt noch einen Leistungstest absolviert. "Der ist gut abgelaufen. Es hält alles, ich bin schmerzfrei, ich kann beim Abwurf richtig dranhauen", sagt de Zordo. "Bei Olympia ist alles möglich." Aber für ihn sind die Sommerspiele genauso eine Wundertüte wie für die anderen Sorgenkinder der Leichtathletik.

Obergföll — die Unvollendete?

Zum Beispiel Christina Obergföll: Wie eigentlich jedes Jahr ist sie in Topform, aber wie jede Saison verpasste sie auch bei der EM den Titel. Da wirkte die ansonsten so fröhliche Speerwerferin fast schon resigniert. Ihre Karriere, die große Unvollendete? "Vielleicht soll es einfach nicht sein", sagt die Offenburgerin. Denn bei Olympia sind Asse wie Weltrekordlerin Barbora Spotakova (Tschechien) und Weltmeisterin Maria Abakumowa (Russland) dabei.

Betty Heidler kennt diese Frust-Gefühle. 2011 reiste sie als Hammerwurf-Weltrekordlerin und Topfavoritin nach Südkorea und musste sich von der Russin Tatjana Lysenko Gold wegschnappen lassen. Und bei der EM scheiterte die Frankfurterin zur Überraschung aller in der Qualifikation. Das aber, so beteuert sie, mache ihr keinen Druck.
"Wer daraus ableitet, ich hätte einen Komplex mit großen Wettkämpfen, der irrt. Zum einen gibt's genug Gegenbeispiele, und zum anderen habe ich den Ausrutscher ja nun hinter mir und bin mit Blick auf Olympia bester Dinge", meint Heidler und lächelt: "Eine Medaille ist mein klares Ziel, ich bin optimal drauf."

Das kann Carolin Nytra nicht von sich behaupten: Die Hürdensprinterin war seit ihrem Sieg bei der Hallen-EM 2011 immer wieder verletzt. Um den Hals trägt die Freundin von Weitsprung-Europameister Sebastian Bayer die olympischen Ringe. Dass es bald eine Medaille sein könnte, das bezweifeln die Experten nach Nytras langer Auszeit. "Seit 2011 sitze ich in der Achterbahn. Auf ein Hoch folgt ein Tief. In London ist mein erstes Ziel, gesund durchzukommen", sagt die Mannheimerin.

Und Weitspringer Christian Reif? Der Europameister von Barcelona 2010 war in diesem Sommer immer wieder angeschlagen und hat erst zwei Wettkämpfe bestritten. Für Ex-Europameister Ralf Bartels wäre schon das Erreichen des Endkampfes ein Riesenerfolg: Der Kugelstoß-Koloss und Kapitän des deutschen Leichtathletik-Teams aus Neubrandenburg wurde am Knie operiert und ohne Norm nominiert - ebenso wie de Zordo und Ariane Friedrich.

Pleiten, Pech und Pannen bei Friedrich

Auf die Hochspringerin werden in London viele Augen gerichtet sein. 2011 nach ihrem Achillessehnenriss ohne einen einzigen Wettkampf, im Winter eine Handverletzung durch einen Katzenbiss, dann die Aufregung um die "Facebook-Affäre", und bei der EM das Aus vor der Qualifikation wegen einer Magen-Darm-Infektion. Die deutsche Rekordhalterin (2,06 Meter) sprang vergeblich der A-Norm von 1,95 Meter hinterher. Friedrich wurde dennoch vom Deutschen Leichtathletik-Verband für London vorgeschlagen und vom DOSB nominiert - was einige Kritiker auf den Plan gerufen hat.

"Ich sehe das nicht als Extrawurst an. Ich habe die internationale B-Norm von 1,92 Meter zweimal erreicht. Das ist kein Geschenk, sondern ein Vertrauensvorschuss des DLV", sagte die Hallen-Europameisterin von 2009 aus Frankfurt. "Den habe ich mir verdient." Sie habe 20 Monate auf Olympia hingearbeitet. "Wenn ich richtig unter Druck stehe, kann ich in London sehr gut springen."

Speerwerfer de Zordo ist in einer ähnlichen Situation: "Ich bin dankbar, dass ich dabei bin. Dankbar für das Vertrauen. Ich versuche, die Unterstützung zurückzugeben. Dafür sieht es nicht so schlecht aus, ich habe bei großen Turnieren immer meine Leistung gebracht."

(dpa)
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